Katja Hevemeyer, Leiterin der Filmbildung in der Deutschen Filmakademie, und Schirmherr Ulrich Matthes über spots., politische Haltung und die Bedeutung kultureller Teilhabe für junge Menschen.

Die Filmbildung ist seit ihrer Gründung – und vor allem unter der Geschäftsführung von Anne Leppin – ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit der Deutschen Filmakademie. Dabei steht für uns im Zentrum, junge Menschen für den Film als eigenständige Kunstform zu begeistern, mit ihnen über Filme zu sprechen und sie anzuregen selbst kreativ zu werden.
Es geht zum einen darum, altersgerecht die Wirkung der filmischen Mittel und der verschiedenen Gewerke nahe zu bringen, zum anderen sollen die jungen Zuschauer:innen zur Reflexion und eigener Kreativität angeregt werden. Dies geschieht im Rahmen von unserem Digitalangebot filmwissen.online ebenso wie in anderen Projekten, die das Filmerbe oder die europäische Filmkultur in den Fokus nehmen.
„Die politische Ebene des Filmemachens und der Kultur war und ist für mich von großer Bedeutung“, so Ulrich Matthes. „Das war auch ein Grund, warum ich als Präsident aktiv war und ist der Grund, warum ich mich bei spots. als Schirmherr engagiere. Ich sehe es als wichtige Aufgabe einer Institution wie der Filmakademie an, Kinder und Jugendliche mit Kultur in Kontakt zu bringen.“
Die Deutsche Filmakademie setzt sich auf kultur- und bildungspolitischer Ebene dafür ein, dass Film als Kunstform nachhaltig in die kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen integriert wird. Damit zielen wir auch darauf ab, das zukünftige Kinopublikum anzusprechen.
Kinder kommen heute in erster Linie mit filmischen Kurzformaten in Verbindung. Die durchschnittliche Länge eines TikTok-Videos ist 42 Sekunden, von Youtube-Videos sind es 11 Minuten. Wir möchten Kindern und Jugendlichen zusätzlich zu ihren Sehgewohnheiten, die Möglichkeit geben, sich für den Kinofilm und seine spezifischen Narrationsformen zu begeistern.
„Filmbildung ist auch für die Persönlichkeitsbildung relevant“, sagt Ulrich Matthes. „Film öffnet ein Fenster zur Welt, wir schauen über unseren eigenen Tellerrand an Orte, wo Menschen außerhalb unserer Bubble leben. Das fördert Toleranz und Empathie.“
Die Deutsche Filmakademie sieht sich als kulturelle Institution in der gesellschaftspolitischen Verantwortung, unsere Demokratie mit allen zur Verfügung stehenden künstlerischen Mitteln zu verteidigen. Deshalb denken wir seit Jahren Demokratie- mit Filmbildung zusammen – und das nicht nur für die Menschen in den Großstädten, sondern auch für junge Menschen auf dem Land.
Das Projekt spots., das seit 2021 mit der Unterstützung der BKM bundesweit aktiv ist, macht genau das. Es schafft Angebote im ländlichen Raum und verbindet Filmbildungsarbeit mit politischer und gesellschaftlicher Bildung. Das Medium Film dient hier als Transportmittel für Jugendliche, um ihre eigenen Wünsche auszudrücken und so Gehör zu finden.
Das Projekt richtet sich neben den Jugendlichen an Kinobetreiber:innen, Lehrer:innen und Sozialarbeiter:innen. Es bildet Bündnisse zwischen Schulen, Kinos und kulturellen Institutionen vor Ort. Seit vier Jahren wurden so unzählige Kurzfilme produziert, über 200 Workshops und zahlreiche Screenings durchgeführt. Insgesamt wurden in rund 100 Schulklassen über 3.000 Jugendliche erreicht.
Als bundesweites Modellvorhaben leistet spots. damit einen wichtigen Beitrag für mehr Teilhabe von Jugendlichen an Diskussionen, Entwicklungen und Prozessen an ihrem Wohnort und sorgt so für mehr Sichtbarkeit ihrer Themen und Ideen. Film- und Demokratiebildung zusammen zu denken macht in unseren Augen sehr viel Sinn: Pluralität, Perspektivwechsel, Gesprächsbereitschaft, Konsenssuche und die Akzeptanz anderer Meinungen – das sind nur einige Aspekte, die spots. ausmachen.
„Viele von uns haben das Vorurteil, dass Jugendliche sich nicht für Politik interessieren – das stimmt nicht“, sagt Ulrich Matthes. „Jugendliche fühlen sich immer weniger gewertschätzt, gerade in ländlichen Räumen, mit immer weniger Möglichkeiten sich zu treffen und aktiv zu werden. Und die engagierten Einrichtungen vor Ort werden zusammengekürzt und teilweise sogar ganz weggespart. Wenn wir eine humanistische, vielfältige, demokratische Zukunft möchten, dann müssen wir jungen Menschen besser zuhören und sie einbeziehen. Es lohnt sich.“
„spots. Bündnisse für Filmkultur, Jugend und Demokratie.“ ist noch noch bis Ende des Jahres finanziert. Wir suchen bereits nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten, denn der Bedarf ist – ganz offensichtlich – weiterhin groß.
In einem nächsten Schritt werden wir mit unserem neuen Projekt „cinemini“ noch früher ansetzen und uns speziell Kitakindern zuwenden. In enger Zusammenarbeit mit Kitas, werden wir Kurzfilme im Kino schauen, spielerisch erkunden, wie der bewegte Film funktioniert und vor allem die Kreativität der Kinder anregen.
Denn Kinder sind unsere Zukunft: Unser zukünftiges Publikum, unsere zukünftigen Künstlerinnen und Künstler, unsere zukünftigen politischen Entscheider:innen und unsere zukünftigen Verteidiger:innen der Demokratie!