Die Preise des 78. Festival de Cannes sind vergeben. Die Goldene Palme sprach die Jury um Juliette Binoche „Un simple accident“ von Jafar Panahi zu. Auch der während des Festivals hoch gehandelte „In die Sonne schauen“ kam zu Palmenehren: Mascha Schilinski wurde mit dem Preis der Jury geehrt. Dazu gab es drei weitere Preise für deutsche Koproduktionen.
Dieses Cannes war ein Traum für deutsche Filmemacher. Mascha Schilinskis „In die Sonne schauen“ (hier unsere SPOT-Besprechung), produziert von Studio Zentral, der als erster Wettbewerbstitel in diesem Jahr zu sehen gewesen war und euphorische Kritiken erntete, konnte sich schließlich tatsächlich über einen Preis der Jury freuen, der ex aequo auch an „Sirât“ (hier unsere SPOT-Besprechung) von Óliver Laxe ging. Mascha Schilinski bedankte sich bei ihrem Team und widmete den Preis allen Menschen, denen es schwer oder fast unmöglich ist, Filme zu machen. Mascha Schilinski ist die erste deutsche Filmemacherin überhaupt, die in Cannes einen Preis erhält. Und sie ist neben DDR-Regisseur Konrad Wolf, der 1959 für „Sterne“ geehrt wurde, erst der zweite deutsche Regisseur, der den Preis der Jury entgegennehmen konnte. Dazu gab es drei weitere Preise für zwei deutsche Koproduktionen.
Die Goldene Palme ging indes an „Un simple accident“ (hier unsere SPOT-Besprechung) des iranischen Filmemachers Jafar Panahi, der seinen Film unter schwierigsten Umständen kurz nach der Freilassung aus einer siebenmonatigen Haft entstehen lassen konnte. Sein Film hatte sofort als einer der großen Favoriten gegolten. Panahi hatte in Cannes zuvor den Drehbuchpreis für „Drei Gesichter“ gewonnen. Zudem konnte er 2015 in Berlin für „Taxi Teheran“ bereits den Goldenen Bären entgegennehmen.
Der Große Preis der Jury ging an „Sentimental Value“ (hier unsere SPOT-Besprechung) von Joachim Trier. Der Film entstand in Koproduktion mit Komplizen Film. Er hatte seit seiner Premiere am Mittwoch als einer der großen Favoriten gegolten.
Zwei Preise gingen an den brasilianischen Film „The Secret Agent“ (hier unsere SPOT-Besprechung), der in Koproduktion mit der Berliner One Two Films entstand, Kleber Mendonça Filho erhielt den Preis als bester Regisseur. Und Wagner Moura wurde als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Da der Darsteller nicht anwesend sein konnte, nahm der Regisseur den Preis in seiner Abwesenheit entgegen.
Beste Darstellerin ist Nadia Melliti, die in „Die jüngste Tochter“ (hier unsere SPOT-Besprechung) von Hafsia Herzi begeisterte, eine französische Koproduktion mit der Berliner Katuh Studio. Melliti war für den Film entdeckt worden und stand erstmals vor einer Filmkamera.
Für das beste Drehbuch wurden die Brüder Jean-Pierre und Luc Dardenne ausgezeichnet, deren neuer Film „Les jeunes mères“ erst am letzten Tag gezeigt worden war. In einer kurzen Rede bedankten sich die beiden, die bereits zweimal eine Goldene Palme erhalten hatten (1999 für „Rosetta“, 2005 für „Das Kind“), bei ihren fünf jungen Schauspielerinnen.
Ein Spezialpreis der Jury wurde „Resurrection“ des chinesischen Filmemachers Bi Gan zugesprochen, der spät im Wettbewerb gezeigt worden war und das Publikum verblüfft und verwundert hatte mit seinem grotesken und wunderbaren Bildersturm.
Leer aus gingen hoch gehandelte Filme wie „Die, My Love“ von Lynne Ramsay, „Eddington“ von Ari Aster oder „Nouvelle Vague“ von Richard Linklater.
Die Caméra d’Or für den besten Erstlingsfilm sprach die Jury um Alice Rohrwacher „The President’s Cake“ von Hasan Hadi zu, dem ersten irakischen Film, der auf dem Festival de Cannes lief. Bereits vorgestern hatte der Film den Publikumspreis der Quinzaine des Cinéastes gewonnen. Eine besondere Erwähnung erhielt „My Father’s Shadow“ von Akinola Davies Jr.