Thomas Reichlin von der Schweizer Alva Film, die mit „Reinas“ und „Amsel im Brombeerstrauch“ zwei Mal hintereinander den Schweizer Filmpreis gewinnen konnte, gehört zu den 20 „Producers on the Move“, die von der European Film Promotion nach Cannes eingeladen werden. Im Interview spricht er über die Erwartungen an dieses wichtige Networking-Programm und was ihm am europäischen Koproduzieren gefällt.

Was verbinden Sie mit Programm „Producers on the Move“? Sind Programme wie dieses wichtig?
Thomas Reichlin: In meiner Anfangszeit, vor allem bei meinem ersten Besuch in Cannes, war „Producers on the Move“ das Programm für coole Kids. Ohne dass ich wirklich verstand, worum es ging, fand ich es einfach überraschend, dass Produzenten – der Beruf, der eigentlich hinter der Kamera angesiedelt ist – so in den Vordergrund gerückt wurden. Heutzutage bietet das Programm natürlich sehr konkrete und unterschiedliche Möglichkeiten. Am wichtigsten ist für mich die Möglichkeit, gleichgesinnte Produzenten zu treffen und sich über die Herausforderungen auszutauschen, mit denen jeder konfrontiert ist. Ich finde es sehr inspirierend zu hören, wie jemand mit einer Krise umgegangen ist, oder welche Strategie jemand verfolgt, um seinen Slate zu entwickeln, und so weiter. Diese Programme sind also wirklich eine seltene Gelegenheit, sich auszutauschen und von Gleichgesinnten zu lernen.
Wie war das erste Kennenlernen der ausgewählten Kollegen? Und auf was freuen Sie sich in Cannes?
Thomas Reichlin: Wunderbar. Alle sind sehr talentiert und sachkundig. Alle Produzenten, die in diesem Jahr am Programm teilnehmen, haben sehr unterschiedliche Erfahrungen und Hintergründe. Es sieht also so aus, als ob es ein sehr spannendes Festival voller großartiger neuer Beziehungen werden wird.
Alva Filmproduktion hat viel Erfahrung mit internationalen Koproduktionen. Sie können sicher bereits auf ein großes Netzwerk zurückgreifen. Was macht das internationale, das europäische Produzieren in Ihren Augen spannend?
Thomas Reichlin: Jede Produktion ist einzigartig und hat ihre eigenen Herausforderungen. Ebenso ist jeder Produzent einzigartig und bringt unterschiedliche Stärken in eine Zusammenarbeit ein. Durch die Koproduktion können wir das Potenzial eines Projekts steigern: Indem wir uns auf das Netzwerk, den Zugang zu Talenten, die Finanzierung, das Wissen und die Fähigkeiten eines jedes Partner-Produzenten stützen, können wir ein Projekt weiter vorantreiben. Das ist meiner Meinung nach das Größte an der Koproduktion.
Gibt es auch Aspekte, die herausfordernd sind?
Thomas Reichlin: Die Zusammenarbeit bringt natürlich ihre eigenen Herausforderungen mit sich: mehr Leute bedeuten mehr Meinungen und mehr Koordination. Aber ich würde sagen, dass die größte Herausforderung bei der Koproduktion derzeit darin besteht, alle finanziellen Interessengruppen zufrieden zu stellen. Immer mehr Finanzmittel sind sehr knapp bemessen, und die Anforderungen kollidieren oft miteinander oder sind völlig widersprüchlich. Die größte Herausforderung bei Koproduktionen besteht also darin, ein gutes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Interessengruppen zu finden, ohne das Potenzial des Projekts zu beeinträchtigen.
Alva Filmproduktion hatte tolle Erfolge mit „Amsel im Brombeerstrauch“ und „Reinas“, nicht zuletzt beim Schweizer Filmpreis 2025 bzw. 2024. Kann man an diesen Produktionen ablesen, für welche Art von Film Alva Filmproduktion steht?
Thomas Reichlin: Absolut. „Amsel im Brombeerstrauch“ und „Reinas“ sind genau die zwei Filme, die beispielhaft für das sind, was wir bei Alva Film anstreben.
Werden Sie auch Zeit haben, selbst Filme zu schauen in Cannes?
Thomas Reichlin: Ich hoffe sehr!
Die Fragen stellte Barbara Schuster