Die Filmfest-München-Reihe Neues Deutsches Fernsehen gehört immer zu den absoluten Highlights des Jahres. Jetzt hat Chefin Ulrike Frick das stargespickte Line-up mit „Oktoberfest 1905“, der deutsche „Euphoria“-Adaption oder auch dem „Dinner for One“-Prequel bekannt gegeben.

Die für das Jahr immer stilprägende Filmfest-München-Reihe Neues Deutsches Fernsehen hat ihre Auswahl für den 42. Jahrgang vom 27. Juni bis 6. Juli getroffen. Programmkuratorin Ulrike Frick lädt acht Filme und Serien nach München auf die große Leinwand ein. Mit dabei sind unter anderem die Serien-Fortsetzung „Oktoberfest 1905“, das mit Spannung erwartete RTL+-Format „Euphorie“ und das „Dinner for One“-Prequel „Miss Sophie“.
Für Frick steht das diesjährige Line-up exemplarisch für den Mut, die Innovationskraft und den technischen Anspruch des deutschen Fernsehens: „Das Neue Deutsche Fernsehen ist mutig wie nie: Es scheut nicht davor zurück, kritisch zu sein und relevante Themen filmisch zu verarbeiten. Qualitativ zeigt diese Sektion, dass sich der Produktionsstandard in Deutschland auf beachtlich hohem Niveau befindet.“
Thriller über NSU-Morde
Mit dem Thriller „Die Nichte des Polizisten“ wird ein düsteres Kapitel deutscher Geschichte aufgearbeitet: Der Film thematisiert den Polizistenmord von Heilbronn (2007), der der NSU-Mordserie zugerechnet wird, und wirft einen kritischen Blick auf mögliche rechtsradikale Strukturen innerhalb staatlicher Institutionen. Regie führte Dustin Loose, der zuletzt an der deutsch-dänischen Serie „Die Affäre Cum-Ex“ mitgewirkt hat (Buch: Rolf Basedow, Gabriela Sperl, Nicole Armbruster).
Einen Blick zurück wirft Drehbuchautor und Regisseur Matti Geschonneck, der bereits bei Erfolgsfilmen wie „Unterleuten – Das zerrissene Dorf“ oder „Die Wannseekonferenz“ Regie geführt hat. Mit „Sturm kommt auf“ (Buch: Hannah Hollinger) hat er nun mit prominenter Besetzung den Roman „Unruhe um einen Friedfertigen“ von Oskar Maria Graf adaptiert. Darin gerät ein Schuster in einem oberbayerischen Dorf zwischen die politischen Fronten, als der Faschismus nach dem Ersten Weltkrieg zunehmend erstarkt und die Dorfgemeinschaft entzweit.
Event-Serie „Oktoberfest“ geht weiter
Auch in der zweiten Staffel der erfolgreichen Historienserie „Oktoberfest 1905“ (Creators: Alexis von Wittgenstein, Ronny Schalk, Regie: Stephan Lacant, Buch: Ronny Schalk) konkurrieren Familien auf brutale Weise miteinander – in diesem Fall um die Vorherrschaft als Großbrauerei auf dem größten Volksfest der Welt.
Wie junge Menschen mit inneren und äußeren Konflikten ringen, zeigen mehrere Produktionen eindrucksvoll. Die deutsche Variante „Euphorie“ (Regie: André Szardenings, Antonia Leyla Schmidt, Buch: Jonas Lindt, Paulina Lorenz, Raquel Kishori Dukpa, Antonia Leyla Schmidt), basierend auf dem Originalformat „Euphoria“ des israelischen Kabelsenders HOT (kreiert von Ron Leshem und Daphna Levin), beispielsweise wirft einen mutigen und expliziten Blick auf die Sorgen und Ängste der Gen Z.
Wie tröstlich es sein kann, das eigene Leid mit anderen zu teilen, zeigt die Serie „Stabil“ (Regie: Teresa Fritzi Hoerl, Sinje Köhler, Buch: Teresa Fritzi Hoerl, Mareike Almedom, Berthold Wahjudi, Sarah Claire Wray). In einer Jugendpsychiatrie treffen vier Patient:innen aufeinander, die sich trotz oder gerade wegen ihrer Krankheiten gegenseitig Halt geben.
Young-Adult-Format „Schattenseite“ mit Jonas Ems
Cybermobbing ist das Thema gleich zweier Produktionen: die Young-Adult-Thriller-Serie „Schattenseite“ (Regie: Özgür Yıldırım, Alison Kuhn, Buch: Hanna Hribar, Jonas Ems) nach dem gleichnamigen Cybercrime von Jonas Ems und das aufrüttelnde Thriller-Drama „Eine bessere Welt“ (Regie: Sebastian Hilger, Buch: Nadine Gottmann, Sebastian Hilger). In letzterem übernahm die deutsche Influencerin Kayla Shyx eine Nebenrolle.
Hochkarätige Unterhaltung bietet die Impro-Komödie „Die Hochzeit“ (Creators, Buch & Regie: Jan Georg Schütte, Sebastian Schultz), die an nur einem Wochenende in den Tiroler Alpen entstand: Ein vermeintliches Hochzeitsfest entpuppt sich als Social-Media-Inszenierung – mit chaotischen Folgen für die ganze Familie.
In der Satire „Berühmt sein für Anfänger“ (Regie: Stefan Bühling, Buch: David Ungureit, Marc Terjung) wird eine Taxifahrerin zur Fake-Autorin. Bei einer Preisverleihung soll sie einen älteren Mann ersetzen, der Liebesromane unter weiblichem Pseudonym veröffentlicht. Andrea Sawatzki und Christian Berkel überzeugen hier als pointiertes Duo.
„Dinner for One“-Prequel dabei
Mit viel Witz und Ironie erzählt „Miss Sophie – Same Procedure As Every Year“ (Produzent & Headautor: Tommy Wosch, Regie: Daniel Rakete Siegel, Markus Sehr, Buch: Tommy Wosch, Dominik Moser) die Vorgeschichte des Kultklassikers „Dinner for One“: Wer waren die mysteriösen Herren, die Miss Sophie einst zum Geburtstag einlud? Dieser und weiteren Fragen geht die opulente romantische Komödie mit Murder-Mystery-Elementen mit zeitgeistigem Humor nach.
Was treibt Menschen an und wann verlieren sie sich selbst dabei? In „All in“ (Creator: Orkun Ertener, Regie: Marijana Verhoef, Buch: Kathrin Tabler und Orkun Ertener (Headwriters), Jan Cronauer, Marianna Ölmez, Christoph Busche) verfolgt die junge Muslima Ayla ihre beruflichen Träume auf unkonventionellem Weg: am Pokertisch.
„Theken-Cowboys“ (Buch & Regie: Orlando Klaus, Alexander Wipprecht) wiederum konfrontiert Kneipengänger mit existenziellen Fragen, nachdem sie auf der Späti-Toilette eine Leiche entdecken. In „Nix ist fix“ (Regie: Natalie Spinell, Buch: Dominique Lorenz) brechen alte Konflikte auf, weswegen Freundschaften neu verhandelt werden. Sieben Freund:innen erkennen auf einer Bergtour, dass im Leben nichts bleibt, wie es ist.
Dieser Erfahrung müssen sich in „Das verschwundene Kind“ (Regie: Sabine Bernardi, Buch: Silke Zertz) auch zwei Elternpaare stellen, als das Verschwinden ihres zwölfjährigen Sohns verschiedene Lebenslügen zum Vorschein bringt.
„naked“ und „Bis es blutet“ auch ausgewählt
Die zerstörerische Kraft toxischer Beziehungen thematisiert die düstere Drama-Serie „naked“ (Creator: Silke Eggert, Regie: Bettina Oberli, Buch: Silke Eggert, Sebastian Ladwig). Darin lässt sich eine Lehrerin auf eine Affäre mit einem sexsüchtigen Mann ein. Beide geraten in eine schwierige Co-Abhängigkeit.
Im Medien-Thriller „Bis es blutet“ (Buch: Oskar Sulowski) verliert eine Nachwuchsjournalistin im Sog der Boulevardpresse zunehmend die Kontrolle. Regisseur Daniel Sager („Hinter den Schlagzeilen“, „Erfundene Wahrheit – Die Relotius-Affäre“) liefert eine kritische Auseinandersetzung mit journalistischer Ethik.
Die Bernd-Burgemeister-Fernsehpreise Bester TV-Film und Beste Serie werden am 29. Juni auf dem Filmfest vergeben. Gestiftet werden die jeweils mit 25.000 Euro dotierten Preise von der VFF-Verwertungsgesellschaft für Eigen- und Auftragsproduktionen. Die dreiköpfige Jury besteht in diesem Jahr aus Dagmar Rosenbauer, Maren Knieling und Katrin Weikart.