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Julia Becker zu „Feste Feiern“: „Ich liebe es, Menschen filmisch in einen Raum zu sperren“


Filmemacherin und Schauspielerin Julia Becker war mit ihren eigenen Projekten bislang im Kino beheimatet. Für das ZDF hat sie jetzt aber die Dramödie „Feste Feiern“ gedreht, die sich als heitere Geburtstagsfeier tarnt, aber unter der Oberfläche echten Terror parat hält. Streaming-Start ist am heutigen Donnerstag.

Feste Feiern
Filmemacherin Julia Becker (r.) mit ihren beiden „Feste Feiern“-Hauptdarstellern Helgi Schmid und Lucie Heinze (Credit: ZDF/Marcus Gaertner)

„Feste Feiern“ läuft unter dem weitgefassten Label „Komödien-Sommer 2025“ beim ZDF. Fühlen Sie sich dort mit Ihrem Film gut aufgehoben?

Julia Becker: Ich freue mich sehr, dass „Feste Feiern“ im Rahmen des ZDF-„Komödien-Sommers“ gezeigt wird. Und auch wenn der Film erstmal leichtfüßig wirkt, steckt viel Tiefe und emotionale Spannung in der Geschichte – insofern finde ich es toll, dass es dort auch Platz für solche Genre-Grenzgänger gibt.

Ihr Film startet am 19. Juni im Streaming-Bereich des ZDF, und dann am 1. September im linearen Hauptprogramm, was dann nicht mehr ganz Sommer ist. Bei Ihrem Familientreffen gibt es diverses komisches Personal. Aber die dargestellten Konflikte könnten durchaus auch als Terrorfilm gelesen werden. Wie sehen Sie das?

Julia Becker: Als Zuschauer wird man unmittelbar in diese Familienfeier hineingeworfen, fast so, als würde man selbst zur Tür hereinkommen und Teil des Geschehens werden und eventuell erkennt man Parallelen zu eigenen Feiern: Verhärtete Fronten, kaum mehr echter Dialog, stattdessen prallen individuelle Agenden aufeinander.  In dieser Hinsicht ist es schon ein Terrorfilm, ein „innerfamiliärer Terrorfilm“. Aber eigentlich gehört der Film für mich eher ins Genre der Tragikkomödie oder Dramödie. Ich wollte Figuren und Dynamiken schaffen, die sich für viele Zuschauer vertraut anfühlen. Wenn sich jemand beim Zuschauen denkt: Das kenne ich – das ist wie bei uns zu Hause, und dann darüber lachen kann, dann habe ich mein Ziel erreicht.

„Feste Feiern“ zeigt den Geburtstag von Helgi Schmids Figur Knut, zu dem Lucie Heinzes Figur Karo ganz unverhofft die ganze Familie einlädt. Der Alltags-Terror entsteht aus den Automatismen der Familienmitglieder, die aneinander vorbei kommunizieren. Und dann spielt der Film auch nur in der Wohnung von Karo und Knut.  

Julia Becker: Ja, ich liebe das, Menschen filmisch in einen Raum zu sperren und zu schauen, was mit ihnen passiert, wenn sie nicht flüchten können. Fangen sie an, miteinander zu reden oder implodiert die Situation? Und Familie eignet sich dafür perfekt – denn jeder hat schon eigene Familienfeiern erlebt und kann dadurch mit dem Thema Familie an sich andocken.

Feste Feiern
Lucie Heinze in „Feste Feiern“ (Credit: ZDF/Marcus Gaertner)

Wie kam es zur ersten Zusammenarbeit mit dem ZDF?

Julia Becker: Ich hatte vorher nur Kino gemacht. Weil aber die Umsetzung von Kinoprojekten zum Beispiel durch die Förderungen erfahrungsgemäß lange dauern, und ich Hummeln im Hintern hatte, wollte ich aus dieser Idee, die ich schon als Exposé aufgeschrieben hatte, gerne einen Fernsehfilm machen. Frauke Kolbmüller von Oma Inge Film zog dann los zu Alexandra Staib vom ZDF und präsentierte ihr das Projekt. Das ZDF mochte es und gab uns einen Drehbuchauftrag. Aus Senderseite kam dann noch die Redakteurin Julia Sattler hinzu. Mit beiden Redakteurinnen war es sowohl inhaltlich als auch menschlich eine wundervolle Zusammenarbeit, uneitel und immer im Sinne unseres gemeinsamen Projekts. Ich hoffe, dass wir noch weitere Filme zusammen machen werden und bin froh, die Fernsehfilmseite nun kennen gelernt zu haben, auch wenn ich parallel zusätzlich wieder etwas fürs Kino entwickle.

Mit der Produktionsfirma Oma Inge Film hatten Sie bereits auch die beiden Filme davor gemacht. Was schätzen Sie an dieser Konstellation?   

Julia Becker: Frauke Kolbmüller und ich kannten uns schon, bevor wir die Filme zusammenmachten, wir sind zudem sehr gut befreundet. Auf der kreativen Seite verspüre ich eine große Freiheit, was ich schätze. Frauke stellt mir Dinge bereit, damit ich arbeiten kann, vertraut aber meiner Vision. Natürlich macht sie auch Anmerkungen. Wenn ich aber argumentieren kann, warum ich etwas machen will, dann vertraut sie mir und lässt mich machen.

In Ihren beiden vorherigen Filmen spielen Sie vor der Kamera auch eine Hauptrolle. In „Feste Feiern“ sind Sie als Schwester der Protagonistin mehr eine Nebenfigur. Warum?

Julia Becker: Das ist dem riesigen Cast geschuldet, der die meiste Zeit auch gemeinsam im Bild ist. Ich wollte allen gerecht werden und genauso detailliert inszenieren können wie in den Filmen davor. Ich denke, das war eine gute Entscheidung, denn es hat mir Lucie Heinze geschenkt – die einfach perfekt für die Rolle der Karo war. Beim nächsten Projekt wird es aber auch wieder eine größere Rolle für mich werden.

Feste Feiern
Ein harmonischer Moment in der ZDF-Dramedy „Feste Feiern“ (Credit: ZDF/Marcus Gaertner)

Was haben Sie besonders an Lucie Heinze und Helgi Schmid in den Hauptrollen geschätzt, so dass diese jetzt das Pärchen des Films spielen?

Julia Becker: Bei meinen Filmen braucht es sowohl komödiantisches Talent als auch wahrhaftige Tiefe – die Figuren dürfen trotz des Witzes nie verraten werden. Bei der von Helgi Schmid gespielten Figur Knut ist es zum Beispiel für den Film elementar, ihm emotional zu folgen, trotz der einen oder anderen fraglichen Entscheidung. Lucie und Helgi schaffen es, dass man die Verletzungen der Figuren versteht und damit, warum sich alles so hochschaukelt. Zudem haben die beiden eine tolle Chemie und sind zusammen einfach ein cooles Paar.

Ebenso ein wichtiges Paar am Set ist meistens auch die Kamera/Regie-Kombi. Wie sah das bei Ihnen aus?

Total, die Zusammenarbeit mit DOP Moritz Anton war super, obwohl wir das erste Mal miteinander gearbeitet haben. Es hat einfach gematcht: Einerseits waren wir sehr gut vorbereitet, andererseits haben wir aber auch ein ähnliches Arbeitstempo, können beide schnell umdenken und auf Unerwartendes reagieren, da reichte manchmal ein Blick quer durch den Raum und wir wussten, wie wir weitermachen wollen.

Der Soft-Cell-Song „Tainted Love“ kommt in Ihrem Film gleich zweimal in unterschiedlichen Cover-Versionen vor. Warum haben Sie gerade diese Interpreten ausgewählt?

Julia Becker: Die erste Version von Marilyn Manson ist so schön martialisch, ich wusste schon im Drehbuch, dass sie perfekt für diese Szene ist. Musik muss ich fühlen. Die andere Cover-Version haben unsere Filmmusikern Paul Eisenach & Jonas Hofer mit der tollen Sängerin Donata gezaubert. Dass sie an dieser Stelle liegt, habe ich meiner Editorin Adrienne Hudson zu verdanken, die im Schnitt diese tolle Idee hatte.

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Wenn die ganze Familie Geburtstag feiert: „Feste Feiern“ (Credit: ZDF/Marcus Gaertner)

Welches Projekt machen Sie als Nächstes?  

Julia Becker: Mal schauen, ich habe derzeit einige Projekte, an denen ich arbeite, könnte mir aber auch vorstellen, noch einen zweiten Teil von „Feste Feiern“ zu machen. Es war eine so schöne und liebevolle Zusammenarbeit. Schon währenddessen sagten alle, dass es schön wäre, wenn dieser Dreh nicht das Ende wäre, sondern wenn wir das nochmal machen könnten und die Figuren sind noch lang nicht auserzählt. Aber jetzt gucken wir erst einmal, wie der Film so läuft.

Spielen Sie als Schauspielerin auch noch bei anderen mit oder nur noch, wenn Sie selbst Regie und Drehbuch machen?

Julia Becker: Wenn es zeitlich passt, spiele ich gern woanders mit und genieße das dann auch sehr. Ich habe jetzt gerade einen weiteren ZDF-Film als Schauspielerin unter dem Arbeitstitel „Gar kein Geld macht auch nicht glücklich“ abgedreht: Katharina Wackernagel, Sara Fazilat und ich spielen in dem Heist Movie Halbschwestern. Jonas Grosch führte die Regie in Hamburg. Ich glaube, das wird auch was sehr Besonderes.

Das Interview führte Michael Müller