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Hauke Bartel zu mehr „Der Lehrer“ & „Club der roten Bänder“: „Menschen suchen bei uns das besondere Wir-Gefühl“


„Heidi“, „Der Lehrer“, „Club der roten Bänder“: „Ich glaube, ich mache heute viele Fans sehr glücklich“, sagt RTL-Fiction-Chef Hauke Bartel im SPOT-Interview über die exklusiv angekündigten Fortführungen der beiden beliebten RTL-Marken und die neue „Heidi“-Serie. Zur Berlinale gibt Bartel einen Überblick, was fiktional alles ansteht.

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RTL-Fiction-Chef Hauke Bartel mit einer Auswahl an Highlights, darunter die jetzt weitererzählten Formate „Der Lehrer“ und „Club der roten Bänder“ (Credit: RTL/Boris Breuer)

Bei unserem ersten Interview war gerade die Fiction-Offensive bei RTL ausgerufen. Bei unserem zweiten Interview stand die IP noch mehr im Mittelpunkt, um die Emotion und die Erinnerungen des Publikums positiv anzusprechen. Unter welcher Überschrift sehen Sie die aktuelle Phase?

Hauke Bartel: Wir befinden uns mitten in der Execution-Phase dieser geschärften Strategie. Einige der damals angestoßenen Projekte kommen in diesem Jahr zum ersten Mal auf den Bildschirm, mit der Fortsetzung der „Neuen Geschichten vom Pumuckl“ mit einem Kinofilm und einer zweiten Staffel sogar schon die Fortsetzung eines besonders spektakulären Erfolgs. Was das Verzahnen von Linearem und Streaming angeht, sind wir einen großen Schritt weiter. Mit dem „Tödlichen Dienst-Tag“ haben wir einen starken Sendeplatz im beliebtesten Genre der Deutschen etabliert. Die großen IPs sind für uns nach wie vor die Projekte, nach denen nicht nur wir, sondern sich auch viele andere die Finger lecken. Gleichzeitig freue ich mich, dass wir uns mit dem Nachwuchs-Wettbewerb Storytellers oder „Zeit Verbrechen“ weiter auch mutige und innovative Projekte leisten, die viel schöne Aufmerksamkeit und auch einige Preise bekommen. Es ist auch eine Phase der neuen Partnerschaften, in der wir ebenso neue Modelle eingehen. Klar ist, dass es in der aktuellen Zeit für die Branche immer schwieriger wird, spektakuläre Projekte zu finanzieren und wirtschaftlich auf solide Beine zu stellen. Dazu tragen wir unseren Teil bei, indem wir solche Modelle finden. Gut, das war jetzt nicht nur die Überschrift, sondern gleich der Anreißer, aber der Wettbewerb um Aufmerksamkeit wird ja für uns alle nicht kleiner.

Sie werden auf der Berlinale auf dem EFM einen ersten Einblick in die deutsche „Euphoria“-Adaption „Euphorie“ zeigen. Was dürfen die Zuschauer erwarten?

Hauke Bartel: Tatsächlich ist die Neugier auf die Serie riesig und die Erwartungshaltung groß. Als wir die Adaptionsrechte an der israelischen Originalserie mit der Zeitsprung erworben haben, war uns klar, dass wir einen eigenständigen Erzählansatz finden wollen, der aber die gleiche Radikalität und Kompromisslosigkeit beim Blick in die „Seele“ der deutschen Jugend mitbringt, auch was die Themen Drogen, psychische Gesundheit und Sexualität angeht. Und ich glaube man kann sagen: So hat man Young Adult in Deutschland noch nicht gesehen. Ich bin wirklich begeistert, was ein überwiegend selbst junges Team da in einer Tour de Force von knapp 100 Drehtagen abgeliefert hat.

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Drei aus dem „Euphorie“-Cast (Credit: RTL / Zeitsprung / Nirén Mahajan)

Zu weiteren verheißungsvollen kommenden Fiction-Projekten bei RTL Deutschland zählt zum Beispiel auch der Kinofilm „Hagen“, der bei RTL+ als Serie zu sehen sein wird. Gibt es da schon Neuigkeiten zum aktuellen Stand?

Hauke Bartel: Wir konnten aus dem Kino-Release tatsächlich eine Menge lernen. Es gab sehr gutes Feedback zu den spektakulären Bildern, der erzählerischen Wucht und dem „Worldbuilding“ aus „Hagen“, aber vieles ist im Kinofilm auch schlicht zu kurz gekommen. Der Titel war eventuell zu sehr ein Insider für die ausgemachten Sagen-Kenner, weshalb wir uns für die Serie für „Die Nibelungen: Kampf der Königreiche“ entschieden haben. Damit weiß man klar, was man bekommt. Die Nibelungen sind für die Deutschen nicht umsonst der größte Mythos im eigenen Kulturkreis.

„In der Serie verlagern wir die Perspektive viel stärker auf die Dreiecksgeschichte zwischen Kriemhild, Hagen und Siegfried.“

Ist das die hauptsächliche Änderung an dem Projekt als Serie?

Hauke Bartel: In der Rückschau würde ich sagen, dass der Kern der Erzählung, gewissermaßen die DNA des Stoffes, immer serieller Natur war. Und ich glaube, das hat man dem Film angemerkt. Die Schöpfer, Cyrill Boss und Philipp Stennert, haben eine so reichhaltige Welt und eine so dichte und vielschichtige Erzählung geschaffen, wie man sie mit der Erzählzeit einer Serie einfach wirkungsvoller abbilden kann. Gleichzeitig ist es auch eine Frage der Perspektive: „Hagen“ war im Kino titelgebend sehr stark auf diese Figur fokussiert. In der Serie betreten wir die Welt mit anderen Augen, verlagern wir die Perspektive viel stärker auf die Dreiecksgeschichte zwischen Kriemhild, Hagen und Siegfried, erzählen eine Welt im Umbruch und Königreiche, die um inneren Frieden und auch um die Frage kämpfen, welchen Preis sie dafür bereit sind zu zahlen. Es wird also nicht nur spektakulär, sondern in Teilen auch erschreckend aktuell. Ich habe es bereits angesprochen: Projekte in solch einer Größenordnung zu finanzieren, ist deutlich komplexer geworden. Bei diesem Projekt haben wir gemeinsam mit der Constantin Film mit der Kombination aus Kino und Serie einen sicherlich mutigen Schritt gewagt. Bei „Pumuckl“ ist die Kombination schon einmal supergut aufgegangen. Bei „Hagen“ ist es angesichts der Kinozahlen etwas komplizierter. Ein finales Urteil, wie erfolgreich dieser Versuch war, wird man aber erst nach unserer Auswertung fällen können. Da werden wir noch in diesem Jahr schlauer sein.   

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Aus Kino-„Hagen“ wird „Die Nibelungen: Kampf der Königreiche“ von Philipp Stennert und Cyrill Boss (Credit: Constantin Film)

Von außen wirkt es aktuell teils wie eine Zeit der Umbrüche bei RTL. Im Dezember ging zum Beispiel die vierte und finale Staffel des Erfolgsformats „Sisi“ zu Ende. Empfinden Sie auch diesen Umbruch?

Hauke Bartel: Unseren tatsächlichen Umbruch haben wir vor knapp zwei Jahren eingeläutet. Jetzt ist es eher eine Umsetzung dessen. Das Format „Sisi“ hatte vier erfolgreiche Staffeln. Auch dieses Weihnachten ist keiner bei RTL+ an der Kaiserin vorbeigekommen. Es waren schöne Zahlen, mit denen wir sehr zufrieden sind. Aber über vier Jahre pünktlich zur Weihnachtszeit sechs Folgen einer spektakulären historischen Serie abzuliefern, hat auch allen Beteiligten einiges abverlangt. Das war ein wilder Ritt! Jetzt ist erst einmal Durchschnaufen angesagt.

Quantitativ haben Sie dabei auch Netflix geschlagen, weil dort jetzt erst eine dritte Staffel beauftragt wurde.    

Hauke Bartel: In der gleichen Zeit, in der es zwei Netflix-Staffeln gab, haben wir vier sehr erfolgreiche Staffeln gemacht. Das unterstreicht nochmal, mit welch irrem Tempo und Einsatz alle Beteiligten bei uns unterwegs waren. Ich möchte daher auch mal die Gelegenheit nutzen, der Story House, dem tollen Kreativteam und dem grandiosen Cast zu danken, aber auch unserem Redaktionsteam und all den unterstützenden Abteilungen im Haus – denn auch sie haben einen großen Anteil daran, dass wir jedes Jahr wieder solch ein starkes Ergebnis feiern konnten.

Bei den kommenden neuen Krimi-Formaten ist Ihnen ein Coup gelungen, dass Sie mit Holger Karsten Schmidt nicht nur einen der erfolgreichsten, sondern auch besten Drehbuchschreiber für „Morden auf Öd“ gewinnen konnten. Sind Sie mit Qualität und Quantität der Formate zufrieden?  

Hauke Bartel: Wir entwickeln den Dienstag-Sendeplatz kontinuierlich weiter. Wir haben auch in diesem Jahr eine Mischung aus bekannten Ermittlern wie Hendrik Duryn bei „Dünentod“ oder Antoine Monot bei „Behringer“ und neuen Ermittlungsteams wie Veronica Ferres, Salka Weber und Tim Oliver Schultz bei „Alpentod“ und das schon angesprochene „Morden auf Öd“. Wir setzen auf unterschiedliche Partner und Gesichter, gerne auch auf eine Zusammensetzung aus Schauspielern, die unser Publikum bereits kennt und noch unbekannten Darstellern. In dieser verlässlichen Mischung wollen wir weiter bleiben.

Neue Kooperationen bringen etwa von ZDF Studios „Wilsberg“ und von Amazon MGM Studios „Die Therapie“ zu RTL+. Hilft dieses noch vielfältigere Fiction-Umfeld Ihren Originals?

Hauke Bartel: Es ist Teil unserer Strategie, dass wir durch die Kooperationen noch stärker hinterlegen, was es für deutsche Fiction auf RTL+ zu sehen gibt. Die fiktionalen Originals sind eine Säule unserer Strategie. Die Lizenzprodukte von anderen Partnern sind eine zweite. Und die erfolgreichsten deutschen Kinofilme, die wir über verschiedene Rahmenverträge erhalten, sind eine dritte Säule. Wir wollen in Zukunft die Wahrnehmung für deutsche Fiction auf der Plattform noch stärker befeuern, sowohl in der Spitze mit Titeln wie „Euphorie“, „Die Nibelungen“ und „Pumuckl“, als auch in der Breite durch einen starken Katalog von nicht-exklusiven Titeln. Je mehr die Wahrnehmung der Gattung gestärkt wird, desto mehr profitiert dadurch der einzelne Titel, was die Seherwartung und die Auffindbarkeit betreffen.

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TeleVisonale-geehrt und Grimme-nominiert: Marie Bloching in „Angemessen Angry“ (Credit: RTL / Mitch Stöhring)

„Angemessen Angry“ ist für uns eine tolle Erfolgsgeschichte.“

Ein RTL+-Highlight 2024 war die aus dem schon erwähnten Storytellers-Programm hervorgegangene Serie „Angemessen Angry“, die groß bei der TeleVisionale abräumte. Wie bewerten Sie dieses Projekt? 

Hauke Bartel: „Angemessen Angry“ ist für uns eine tolle Erfolgsgeschichte. Das gilt auch insgesamt für unsere Storytellers-Programm. Das ist unsere Nachwuchsinitiative, bei der wir einmal im Jahr eine Carte Blanche geben, um eine Serie direkt zu beauftragen, die den Macherinnen und Machern eine große kreative Freiheit anvertraut. Dementsprechend Außergewöhnliches kommt auf diesem Wege zurück. Mit einer Nachwuchsserie zwei Wochen nach dem Launch auf RTL+ direkt den Hauptpreis bei der TeleVisionale zu gewinnen, ist großartig. Mit einer RTL-Serie eine Nominierung für den Grimme-Preis zu bekommen, ist ebenso etwas, was nicht alle Tage vorkommt. Bei Storytellers haben wir dort jetzt eine Bilanz von zwei Nominierungen bei zwei Projekten. Wenn Sie mich nach der reinen Performance fragen, spielt ein Format wie „Angemessen Angry“ natürlich in einer anderen Liga als eine für die Mitte des Publikums und mit einem ganz anderen Budget hergestellten Event-Serie. Wir sind trotzdem stolz auf „Angemessen Angry“ und werden auch bekanntlich mit Storytellers weitermachen.

Wie geht es bei Storytellers weiter?

Hauke Bartel: Unsere dritte Serie „Softies“ über drei junge Männer, die den immer komplexer werdenden Ansprüche an ihr Geschlecht gerecht werden wollen, ist bereits in der Postproduktion: ein starkes Format von den beiden jungen Autoren und Regisseuren Yves Guillaume und Jonathan Westphal. Und die vierte Storytellers-Serie ist auch schon in Vorbereitung: Die Romantic Comedy „Schwanzlos“, die in der Welt der Mermaiding-Begeisterten spielt. Bei Storytellers gibt es jeden Spätsommer eine Art Klassenfahrt der fünf Final-Teams, die mit ihren Pitches gegeneinander antreten. Das finale Projekt wird dann nicht von uns als Redaktion, sondern von anderen jungen Filmschaffenden gewählt.

Storytellers soll neue kreative Talente zu RTL bringen. Hätte es bei der „Angemessen Angry“-Regisseurin Elsa van Damke die Möglichkeit gegeben, ein Nachfolgeprojekt anzugehen? Deren nächstes Serienprojekt „Stardust Hotel“ entsteht jetzt zum Beispiel bei den Öffentlich-Rechtlichen.

Hauke Bartel: Storytellers ist genau dafür da, nachhaltige kreative Partnerschaften mit den vielversprechendsten jungen Talenten aufzubauen. Es ist eine besondere Erfahrung mit so viel kreativer Freiheit, die es ansonsten in dieser Form auf dem deutschen Markt meines Wissens nicht nochmal gibt. Das schafft ein Netz von kreativen Verbündeten, auf das wir wahnsinnig gerne zurückgreifen. Was es explizit nicht sein will, ist ein Exklusivvertrag, nur noch mit uns zu arbeiten. Ich halte es für nachvollziehbar und wichtig, dass die Talents Erfahrungen mit unterschiedlichen Partnern machen – vielleicht auch, um zu merken, wie schön es eigentlich bei uns ist. Wenn man sich zum Beispiel unsere kommende Serie „Euphorie“ anschaut, entdeckt man im Cast dort nicht nur die Hauptdarstellerin unseres ersten Storytellers-Projekts „Hübsches Gesicht“, Dilara Aylin Ziem, sondern auch die Regisseurin Antonia Leyla Schmidt wieder. Und auch mit Elsa van Damke stehen wir in gutem kontinuierlichem Austausch. Aber es müssen eben Köpfe, Projekt und Timing gleichermaßen passen.

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V.l.: Oskar Redfern, Samir Salim und Damian Hardung am „Softies“-Set (Credit: RTL / UFA / Christoph Assmann)

Der Storytellers-Wettbewerb arbeitete bislang bei der Förderung mit dem Medienboard Berlin-Brandenburg zusammen, konnte jetzt aber mit dem neuen Partner der Film- und Medienstiftung NRW das Budget verdoppeln. Aus Ihrer Sicht ein logischer Schritt?  

Hauke Bartel: Das Medienboard war tatsächlich nicht fester Projekt-Partner von Storytellers, sondern hat unsere ersten drei Projekte jeweils einzeln finanziell gefördert und großartig unterstützt. Mit der Film- und Medienstiftung NRW ist es uns jetzt gelungen, einen festen Storytellers-Partner zu finden, der die Initiative als solche und nicht Projekt-abhängig fördert. Damit gibt es nicht nur ein größeres Budget für die Projekte, sondern auch Planungssicherheit: Wir können in der Partnerschaft nämlich auch bei der außergewöhnlichen Projektauswahl von Storytellers bleiben, in der nicht die Redaktion die finale Stoffentscheidung trifft, sondern andere junge Filmschaffende. „Schwanzlos“ ist das erste Projekt, das aus dieser neuen Kooperation hervorgeht.

„Ich halte es auch für eine gefährlich elitäre Perspektive.“

Dass RTL+ dem ursprünglichen Paramount+-Original „Zeit Verbrechen“ eine neue Heimat geschenkt hat, wurde sehr positiv aufgenommen. Es ist allerdings ein recht spitzes Format. Wie fielen dort die Reaktionen auf der Plattform aus?    

Hauke Bartel: Inhaltlich sehr positiv. Zuschauer, die aufgrund der grandiosen Kritikerstimmen auf unseren Streamingdienst gekommen sind, haben dann auch die besondere Serie bekommen, die sie erwartet haben. Damit ist „Zeit Verbrechen“ ein gutes Beispiel, wie man sich gewisse Publika neu erschließen kann. Das gilt ebenso für den „Pumuckl“, der uns auch Publikum gebracht hat, das vorher noch kein Abo abgeschlossen hatte. Bei „Sisi“ machten wir eher die Erfahrung, dass das Menschen sind, die sich schon in unserem erweiterten Universum bewegen. Aber anders als „Sisi“ oder „Pumuckl“ ist „Zeit Verbrechen“ die inhaltlich weitaus spitzere Serie, was sich auch in der Performance widerspiegelt. Die Zahlen waren auf dem Niveau, das wir erwartet haben. Aber es ist in meinen Augen wichtig, dass wir nach einer Phase im Markt, in der durch das Aufkommen und dem Verdrängungswettbewerb von Streamern fast ein „Anything Goes“-Motto mit immer spitzeren und arthousigeren Formaten galt, trotzdem einen realistischen Blick dafür behalten, wie groß das Publikum für solche Stoffe tatsächlich ist. Es wird gerne darüber diskutiert, warum solche Serien nicht mal in der RTL-Primetime laufen, dass man das Publikum zu einem anderen Film- und Seriengeschmack erziehen müsse. So als müsse man im Duisburger Multiplex nur lang genug Filme von Giorgos Lanthimos spielen und irgendwann ist die Hütte voller als beim nächsten Marvel-Blockbuster. So funktioniert das Publikum meiner Einschätzung nach aber nicht. Und ich halte es auch für eine gefährlich elitäre Perspektive.

Die Vermutung liegt aber nahe, dass wenn Sie diese populäre Podcast-Marke als Fiction-Chef für RTL auf dem Tisch gehabt hätten, dass Ihr Format wahrscheinlich anders ausgesehen hätte, oder?

Hauke Bartel: Uns ist wichtig, dass man sich der Erwartung, die mit einer IP einhergeht, erst einmal bewusst ist. Die „Zeit“ oder auch „Zeit Verbrechen“ kommt mit einer anderen Publikumserwartung daher als zum Beispiel ein „Pumuckl“ oder ein „Dünentod“. Ich finde schon, dass die Umsetzung der Serie unter dem Label „Zeit Verbrechen“ konsequent war. Wir haben etwas Ähnliches schon früher mit Ferdinand von Schirachs „Strafe“ gemacht, bei dem sich Regisseurinnen und Regisseure mit besonders kreativen Handschriften bei Einzelstücken „austoben“ konnten. Auch das war konsequent im Durchspielen der Marke. Aber wenn man nach etwas Mainstreamigeren sucht, tut man gut daran, nach anderen IPs zu suchen.

Bei RTL ist Stefan Raab hinzugekommen. Die NFL wurde für Deutschland eingekauft, es gibt teure Live-Fußball-Lizenzen. Ist in diesem Umfeld dann weniger Platz für spitzere Fiction-Formate wie zum Beispiel „Strafe“ oder „Zeit Verbrechen“?

Hauke Bartel: Sowohl „Zeit Verbrechen“, das auch aufgrund seiner Marke besser als „Strafe“ bei RTL+ performte, als auch unser Storytellers-Programm sind eindeutige Belege dafür, dass wir uns nach wie vor Innovationen leisten und mit einem großen Vertrauensvorschuss mit den besten Kreativen Deutschlands arbeiten wollen. Gleichzeitig sind wir in einer Zeit, in der je größer das Preisschild ist, desto konkreter auch die Fantasie sein muss, wie das Ganze ein wirtschaftlicher Erfolg wird. Einer der Gründe, warum am Markt gerade alle nach IPs suchen, ist, dass IPs diese Fantasie konkreter beflügeln. Wenn es schon die Fan-Community eines Pumuckl gibt und die für ein Projekt begeistert ist, ist es leichter, als wenn man eine Geschichte erzählt, die man dem Publikum erst einmal erklären muss. Nach wie vor lade ich aber jeden ein, mit seinen besonderen Stoffen zu uns zu kommen. Diese kreative Freiheit wollen wir uns erhalten. Die internationalen Mega-Hits kommen selten aus einer „Wir wollen genau das“-Haltung, die ausschließlich Erwartbares liefert. Aber es wird immer eine scharfe strategische Abwägung bleiben, mit welchen Marken und Projekten wir uns bewusst abseits der Mitte positionieren.

Von „Alarm für Cobra 11“ liefen in diesem Jahr schon zwei 90-Minüter am Dienstag. Die Einschaltquoten waren verhalten. Reichen diese Werte für weitere Fortsetzungen in der Zukunft?

Hauke Bartel: Es waren meiner Meinung nach inhaltlich gute Filme, die aber unter den Möglichkeiten geblieben sind, die „Alarm für Cobra 11“ insgesamt hat. Allerdings liefen die beiden neuen „Alarm für Cobra 11“-Filme unter deutlich erschwerten Bedingungen. Als erstes Format kalt den Sendeplatz gerade am Jahresbeginn zu starten, ist nie leicht. Dann dabei auch noch gegen ein Handball-WM-Spiel der Deutschen zu laufen, macht es nicht leichter. Wir waren immerhin der größte Verfolger der Handballer in der jungen Zielgruppe. Bei RTL+ hat die „Cobra“ auf dem guten Niveau der sonstigen Filme gelegen. Wir haben auch vier weitere „Alarm für Cobra 11“-Filme, die wir noch ausstrahlen werden. Danach werden wir uns überlegen, wie es mit der „Cobra“ weitergeht.

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Marcus H. Rosenmüllers „Pumuckl und das große Missverständnis“ (Credit: Constantin Film)

Linear war sehr gut nachzuvollziehen, wie erfolgreich „Neue Geschichten vom Pumuckl“ funktionierte: egal, ob er in der Erstausstrahlung bei RTL, bei Super RTL oder in weiteren Wiederholungen. Können Sie mir die Dimensionen andeuten, wie gut die Serie bei RTL+ funktionierte?

Hauke Bartel: Der „Pumuckl“ ist ein echtes Phänomen und hat für uns auch im Streaming extrem gut funktioniert. Je nachdem, welchen Berechnungszeitraum man ansetzt, ist der „Pumuckl“ ähnlich erfolgreich oder sogar erfolgreicher als „Sisi“ gewesen, wenn man es sich auf Staffelbasis anschaut. Das Besondere am „Pumuckl“ ist aber auch, dass es die langlebigste Fiction-Marke ist, die wir im Portfolio haben. Es kommen nach wie vor Neukunden, die durch gute Mundpropaganda von der Serie gehört haben und bei uns auf dem Streamingdienst landen. Seit ein paar Tagen gibt es in München die erste Fußgänger-Ampel, bei der das Ampelmännchen vom Pumuckl ersetzt wurde. Wahrscheinlich die einzige Ampel in Deutschland, bei der sich keiner in die Wolle kriegt. Das freut uns sehr. Es zeigt, was diese Figur bei Menschen emotional auslöst. Zur ersten Staffel gab es die Preview in den Kinos, die schon starke Zahlen lieferte. Zusätzlich zur zweiten Staffel kommt jetzt der Standalone-Kinofilm „Pumuckl und das große Missverständnis“ am 30. Oktober in die Kinos und anschließend exklusiv zu RTL+ und RTL.

Als weiteres kommendes Highlight haben Sie am gestrigen Mittwoch mit Ihren Partnern das „Heidi“-Serienprojekt verkündet.

Hauke Bartel: Wir werden gemeinsam mit dem Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) „Heidi“ auf die Bildschirme bringen. Mit dem Erfolg vom „Pumuckl“ haben wir tatsächlich Blut geleckt, was den Bereich Family Entertainment angeht, wobei „Heidi“ tendenziell für Familien mit ein wenig älteren Kindern und Jugendlichen gedacht ist. Auch das Format soll vor allem wholesome und positiv werden, gleichzeitig aber mit dem historischen Heimatgefühl und Abenteuergeist der vertrauten „Heidi“ daherkommen. Hinter der Entwicklung und Produktion der Heidi-Serie stehen DCM Schweiz und Gaumont. Bei „Heidi“ merkt man dieses Strahlen in den Augen allein bei Nennung des Namens, weil damit eine Emotion verbunden ist und in der Serie Menschen mit unterschiedlicher Herkunft zueinanderfinden. Das ist etwas, was aktuell sehr gut in die Zeit passt und wichtig zu erzählen ist. Und Stichwort Partnerschaften: Es ist auch die erste Senderkooperation zwischen RTL und dem SRF.

Haben Sie weitere Neuigkeiten für SPOT?

Hauke Bartel: Alle suchen gerade am Markt nach IPs. Da liegt es auf der Hand, sich zu fragen, was die IPs sind, die unsere Zuschauerherzen am höchsten schlagen lassen. Und ich glaube, ich werde mit diesen Nachrichten verschiedene Fan-Communities heute sehr glücklich machen.

Na, dann bitte!

Hauke Bartel: Kaum ein Abschied hat unseren RTL-Zuschauern so weh getan, wie der von Stefan Vollmer, als der vor vier Jahren den Dienst als „Der Lehrer“ quittierte. Umso mehr freue ich mich, dass in einer neuen Staffel die Frage beantwortet wird, wie es der natürlich wieder von Hendrik Duryn gespielten Figur so ergangen ist und ob er sein Glück finden wird. Klar ist, dass er wieder mit ungewöhnlichen Ideen für seine Schülerinnen und Schüler kämpfen wird – auch wenn er dabei bei einigen Leuten aneckt.  Die neue Staffel mit sechs Folgen produzieren wir mit Nanni Erben und Gunnar Juncken von der MadeFor Film. Gleichzeitig ist es ein wenig so, als würde man mit Hendrik die alte Gang wieder zusammentrommeln: Christian Munder ist mit als Produzent an Bord und Yannick Posse als Headautor. Und Stichwort Verzahnung von linear und Streaming: Die neue Staffel von „Der Lehrer“ wird nicht nur bei RTL+, sondern auch bei RTL zu sehen sein. 

Der Lehrer Hendrik Duryn
Hendrik Duryn als „Der Lehrer“ (Credit: RTL)

„Club der roten Bänder ist für mich ein Herzensprojekt, was man häufiger sagt, in diesem Fall aber wirklich nicht übertrieben ist.“

Das beflügelt sofort die Fantasie, welche anderen beliebten Marken es aus dem RTL-Deutschland-Kosmos wiederzubeleben gäbe.

Hauke Bartel: Auch bei einem weiteren Projekt werden wir seit Jahren gefragt, wann es endlich Nachschub gibt. Und bald ist es so weit: Wir werden gemeinsam mit der Bantry Bay eine neue Generation vom „Club der roten Bänder“ erzählen. Das ist für mich ein Herzensprojekt, was man häufiger sagt, in diesem Fall aber wirklich nicht übertrieben ist. „Club der roten Bänder“ war vor zehn Jahren die erste Eigenproduktion, mit der ich mich beschäftigen durfte, als ich frisch von der Uni meinen ersten TV-Job bei Vox antrat. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich mir bei der Lektüre der ersten Drehbücher der ersten Staffel verstohlen ein Tränchen aus dem Auge wischte. Wenn ich jetzt die Bücher der neuen Staffel lese und es wieder passiert, weiß ich: Da ist es wieder, dieses besondere „Club der roten Bänder“-Gefühl. Gerda Müller ist wieder als Produzentin an Bord – und auch hier die Senderkooperation klar: Vox ist und bleibt der Sender für den Club. Wir erzählen bewusst eine neue Generation und machen keine Fortsetzung im engen dramaturgischen Sinne. Aber es wird wieder eine Gruppe von jungen Menschen im Trakt einer Kinder- und Jugendstation geben, bei der die Freundschaft in Zeiten von größten Herausforderungen durch Krankheiten im Mittelpunkt steht. Das wird sowohl für die Fans von damals als auch für eine neue Generation von Zuschauern ein Einstieg sein.

Es sind, ganz dem erfolgsversprechenden Muster folgend, jeweils Formate nach einer bekannten IP, die Emotionen und Erinnerungen ansprechen.   

Hauke Bartel: Ja, aber es sind nicht nur die Erinnerungen. Es sind auch emotional wohltuende Formate, die auf ihre Weise konstruktiv und optimistisch lebensbejahend mit den Herausforderungen des Lebens umgehen. Die Menschen suchen bei uns diese besondere Emotion und ein besonderes Wir-Gefühl. Ich erinnere mich noch an das Phänomen zu der linearen Ausstrahlung vom „Club der roten Bänder“, wie wichtig es den Menschen war, Teil einer Gemeinschaft von Fans zu sein. Solch eine Kraft können diese Formate nochmal ganz anders erzeugen.

Das Interview führte Michael Müller