Was wollen Investoren? Das ist eine interessante Frage für alle Produzent:innen und Filmemacher. Und genau diese wurde auf einem Panel des 15. Zurich Summit gestellt.
Was wollen Investoren? Eine gute Frage, die ein Panel des 15. Zurich Summit stellte. Unter der Moderation von Andreas Wiseman von Deadline gaben dazu Auskunft Marie-Christine Jaeger-Firmenich, Produzentin von „Wilhelm Tell“, Andreas Roald, CEO Sovereign Media Capital, Lia Buman, Principal Tango Entertainment, und Nick Shumaker, Head of Anonymous Content Independent Auskunft. Als Quereinsteigerin bezeichnete sich die Schweizer Businessfrau Jaeger-Firmenich. Sie hatte gar nichts mit Film zu tun, kam über ihre Fondation Robmar damit in Berührung. Die gemeinnützige Stiftung fördert und unterstützt Projekte, in denen Tiere dazu ausgebildet werden, kranken, behinderten oder verletzten Menschen im Alltag behilflich zu sein. Genau darum ging es bei „Gigi & Nate“, der auf wahren Begebenheiten einer Familie basiert, die einen schweren Unfall hatte und mit der Jaeger-Firmenich in Kontakt kam. Ihr war es eine Herzensangelegenheit, diese Geschichte zu verfilmen, weil es eine Geschichte voller Hoffnung ist, inwiefern Tiere Menschen mit Behinderung durch den Alltag helfen können. „Bei einem Abendessen saß ich zufällig neben Nick Hamm. Ich sprach ihn an, weil ich nicht wusste, wie ich das angehen soll. Und er sagte zu“, so Jaeger-Firmenich. „Gigi & Nate“ finanzierte sie zu 100 Prozent. Das macht sie aber nicht immer. Bei „Wilhelm Tell“, Hamms neue Filmarbeit, die eben beim ZFF Premiere feierte, waren noch andere Investoren beteiligt. Für Jaeger-Firmenich muss die Geschichte passen. „Wilhelm Tell“ hat sie schließlich mitfinanziert, weil die Geschichte die Schweizer Werte hochhält, die ihr als Schweizerin wichtig sind. Deshalb beteiligte sie sich gerne daran. „Ein Film muss immer eine Bedeutung haben.“ Bei „Wilhelm Tell“ stemmte sie jedoch nicht die Voll-Finanzierung. Die Produktion ging nach Italien aufgrund des guten Tax Credits und holte andere Finanziers an Bord.
Bei Nick Shumaker Head of Anonymous Content Independent, geht es vor allem um über viele Jahre aufgebaute Beziehungen zu Filmemachern. „Wir sind traditionell sehr Regiegetrieben. Das ist unsere Basis.“ Im fiktionalen Bereich investiert Anonymous Content Independent vor allem in europäische Koproduktionen. Ein festes Konzept gebe es nicht. Das gibt es auch bei Lia Buman, Principal Tango Entertainment, nicht. „Jedes Projekt ist anders. In der Regel investieren wir Eigenkapital.“ Das unterscheibt auch Andreas Roald, CEO Sovereign Media Capital: „Wir sind sehr flexibel. Oft steigen wir auf Drehbuchbasis ein, in der Pre-Production, nicht an bestimmte Regionen gebunden. Das Fundament ist immer Vertrauen, Vertrauen in die Kreativen. Es sollte ein Arbeiten auf Augenhöhe sein.“
Geld in Filmproduktionen zu geben, sei immer mit Risko verbunden. Logischerweise lautet das oberste Ziel für Investoren: kein Geld zu verlieren. „Wenn man kein Geld verliert, kann man weiter investieren. So einfach ist das“, sagte Nick Shumaker. Das hört sich einfach an, sei aber ein tricky process. Anonymous Content steigt üblicherweise mit 20 bis 25 Prozent ein. Lia Buman betrachtet den Return of Invest aus drei Perspektiven: „Erstens: Klar, verliere kein Geld, sondern mache mehr draus. Zweitens: das Endprodukt muss inhaltlich eine positive Erfahrung für die Zuschauer sein, der Film soll so werden, wie am Anfang vorgestellt. Kreative Probleme auf dem Weg dorthin gilt es immer im Team zu lösen. Drittens: Der Film muss ein Publikum erreichen. Filme müssen für ein Publikum gemacht werden.“ In der Regel investiert Tango Entertainment mehr als 20 Prozent in ein Filmprojekt. Bis man sein Investment wieder sieht, können schon mal zwei Jahre vergehen.
Diesem Approach schließt sich Andreas Roald an: „Es kommt immer aufs Projekt an, man muss gucken, ob und welche anderen Investoren sich noch eigenen – je nach Thema des Films. Letztendlich müssen wir als Investoren immer die Erwartungen der Geldgeber erfüllen.“ Ob man auch in etwas investiert, von dem man glaubt, dass der Return of Investment ausbleibt? Nick Shumaker sagte: „Wir glauben fest daran, dass alles, in was wir investieren, ein Publikum erreicht. Wir sind stolz auf die Filme, die wir gemacht haben!“ Bei einem film by film approach sei der scale nicht so hoch. Wenn man aber ein Slate akkumuliert, sei der scale höher. „In der Filmindustrie gibt es ein Limit, anders als zB im Musikbusiness“, so Roald. Hat man einen Filmrechtestock, eine Library, sei es einfacher. Er investiert mit seiner Sovereign Media pro Jahr in sechs bis zehn Filme.
Ein Beispiel für eine erfolgreiche Investition aus jüngerer Vergangeheit gab Lia Buman: Für Tango Entertainment war „His Three Daughters“ von Azazel Jacobs ein großer Erfolg. „Es war einfach eine sehr tolle Zusammenarbeit, eine sehr transparente Zusammenarbeit“, erzählt Lia Buman. Der Film lief 2023 auf dem TIFF, wo er als Pic-up weltweit an Netflix verkauft wurde und somit das Investment zurückfloss. „Wenn alle in eine Richtung rudern, ist es immer von Vorteil. Das war hier der Fall.“
2024 erhöhte Tango Entertainment die Schlagzahl an Investments: In fünf verschiedene Filme steckte die Firma Eigenkapital. „Wir werden 2025 sehen, ob alles aufgeht. Unser Weg lautet aktuell Diversifikation.“
Für Investoren ist ein wichtiger Teil der Arbeit, Drehbücher/Stoffe auf ihr Zuschauerpotenzial abzuklopfen, um einschätzen zu können, welches Investment in welcher Höhe lohnt, welcher Return of Investment zu erwarten ist. Andreas Roald sagte, dass mithilfe AI gute Daten über die Endverbraucher gesammelt werden, dass Digital Marketing Agenturen sehr gute Erhebungen machen könnten, was von einem Stoff, einem Film an der Kinokasse zu erwarten ist. „Diese Datenerhebung kann man auch schon während der Produktion erheben, um bessere Entscheidungen treffen zu können. Das macht unsere Arbeit effizienter. AI wird hilfreich sein in Bezug auf die wichtige Frage des Return of Investment.“ Für Investoren sei wichtig, so früh wie möglich an Bord eines Projekts zu kommen. Das Marktpotenzial wird mithilfe von Spezialisten abgeklopft. „Wir hatten ein Projekt auf dem Tisch über einen Techno-DJ aus Detroit. Ich kenne mich damit überhaupt nicht aus. Aber ich habe fähige Mitarbeiter:innen, die mir bescheinigten, dass es dafür einen großen Markt gibt. Also haben wir investiert“, so Roald.
Für Marie-Christine Jaeger-Firmenich geht es nur um persönliche Herzensprojekte. „Für mich als Business-Frau aus einer ganz anderen Welt ist mir sehr fremd, wie in der Filmbranche über Return of Investment geredet wird. Es gibt so viele Faktoren, die beachtet werden müssen, es ist so kleinteilig… Das ist schwierig zu verstehen. Ich habe mein persönliches Budget, das ich nicht verrate. Wenn ich bei einem Film den Return of Investment erreicht habe, bin ich bereit für den nächsten.“
Das Abklopfen eines Drehbuchs, ob sich darin ein erfolgreicher Film verbirgt, könne aber nie und nimmer von einer AI vorgenommen werden. Nick Shumaker machte klar, dass er von AI gar nichts hält: „Ich weiß sehr wenig über AI, ich bin da allergisch drauf. Ich glaube fest daran: wenn man mit Kunst zu tun hat und in Kunst investiert, zählt der Mensch. Wenn die menschliche Analyse. wegfällt, sind wir am Ende.“
Andreas Roald stimmte dem zwar zu, sagte aber: „Ich finde schon interessant, wie man AI einsetzen kann. Aber klar, AI kann keine menschliche Evaluierung ersetzen. Aber Informationen über sein potenzielles Publikum, kann sie sehr wohl generieren. Da kann man dann sehen, ob ein Investment Sinn macht oder nicht.“