Immer alles auf einen Blick: An dieser Stelle erhalten Sie alle wichtigen Informationen und Hintergründe im SPOTLIGHT AUF zu den aktuellen Neustarts in den deutschen Kinos auf einen Blick, mit den nötigen Verweisen und Zahlen.
Für immer hier
Drama; DCM
Herausragendes Drama über eine brasilianische Familie Anfang der Siebzigerjahre, die in die Mühlen der Militärdiktatur gerät.
FAST FACTS:
• Oscar als bester internationaler Film
• Oscarnominierung für Hauptdarstellerin Fernanda Torre; Golden Globe für Fernanda Torres
• Erste Spielfilmarbeit von Walter Salles seit „On the Road – Unterwegs“ im Jahr 2012
• Packende Verfilmung einer realen Geschichte zur Zeit der Militärdiktatur in Brasilien
• Weltpremiere im Wettbewerb der 81. Mostra
• Lautstark umjubelt bei der Pressevorführung in Venedig
CREDITS:
O-Titel: Ainda estou aqui; Land / Jahr: Brasilien, Frankreich 2024; Laufzeit: 135 Minuten; Drehbuch: Murilo Hauser, Heitor Lorega; Besetzung: Fernanda Torres, Selton Mello, Fernanda Montenegro
GUT ZU WISSEN:
Für die grandiose Klasse von „Für immer hier“ (DCM, hier die SPOT-Besprechung) kann SPOT längst hundertprozentig garantieren (Chefredakteurin Barbara Schuster hatte den Film bereits in ihrer Jahres-Top-Ten), jetzt kommt auch noch der Oscar für den besten internationalen Film dazu (verdient) – in seinem Heimatland ist der Film bereits einer der größten Kinohits der vergangenen Jahre: Walter Salles‘ erster Film seit seiner Kerouac-Adaption „On the Road – Unterwegs“ vor zwölf Jahren ist ein Triumph, sein ganz persönlicher „Roma“, ein Film, der einen Einblick gibt in das unbeschwerte Lebensgefühl in Rio De Janeiro Anfang der Siebzigerjahre, mit der Musik von Jorge Ben, Tom Ze und Roberto Carlos, und dann den realen Schrecken der Militärdiktatur Einzug halten lässt in seiner realen Geschichte eines Ehemannes und Familienvaters, der von einem Tag auf den anderen weg ist, verschwunden, und vom Kampf seiner von Fernanda Torres gigantisch gespielten Ehefrau, ihn zu finden und gleichzeitig den Boden nicht zu verlieren unter ihren Füßen. Einer der Favoriten im letztjährigen Wettbewerb in Venedig.
Aus unserer Besprechung:
„Und doch fühlt sich der Film ganz persönlich und privat an, zeigt punktgenau so kleine Details, ist so speziell bei der Musikauswahl, dass es sich aus der persönlichen Erinnerung des damals 15-jährigen Walter Salles speisen muss. Es ist ein Film über die Familie Paiva, aber auch ein Film über die Erinnerung, wie es sich damals angefühlt hat, in Rio de Janeiro zu leben: Am Strand reiben sich die Mädchen anstelle von Sonnenmilch mit Coca-Cola ein, im Zimmer der ältesten Tochter hängen Poster von Tati und Godard, auf dem Plattenteller drehen sich Gal Costa, Jorge Ben, Tom Zé, Erasmo Carlos.“
Köln 75
Musikfilm; Alamode Filmverleih
Hinreißend vergnüglicher Film über die Kölner Konzertveranstalterin Vera Brandes, die im Januar 1975 auf eine Katastrophe zusegelt, als Pianist Keith Jarrett sich weigert, auf die Bühne zu gehen.
FAST FACTS:
• Ungewöhnlicher Film über das legendäre „The Köln Concert“ von Keith Jarrett
• Die Lebensgeschichte der außergewöhnlichen Vera Brandes, gespielt von Mala Emde
• John Magaro spielt Keith Jarrett
• Filmemacher Ido Fluk empfiehlt sich als kommende Regiegröße
• Produziert von Sol Bondy und Ido Fluk von One Two Films
• Randvoll mit großartiger Musik von u. a. Can, Neu!, Floh de Cologne, Wolfgang Ambros
• Musikauswahl von Martin Hossbach
• Weltpremiere im Berlinale Special Gala der 75. Berlinale
CREDITS:
Land / Jahr: Deutschland 2025; Laufzeit: 116 Minuten; Regie, Drehbuch: Ido Fluk; Besetzung: Mala Emde, John Magaro, Michael Chernus, Alexander Scheer, Ulrich Tukur
GUT ZU WISSEN:
Allen voran „Köln 75“ (Alamode, hier die SPOT-Besprechung), der gerade erst als Special Gala auf der Berlinale Weltpremiere gefeiert hat: In dem Film des New Yorker Filmemachers Ido Fluk geht es um das legendäre Konzert, das Jazzgenie Keith Jarrett im Januar 1975 in der Kölner Oper gegeben hat und das als Doppelalbumveröffentlichung „Das Köln Concert“ zur erfolgreichsten Solojazzveröffentlichung aller Zeiten avanciert mit mehr als vier Millionen verkauften Exemplaren. Nur dass der Film nicht die Perspektive des notorisch volatilen Jarrett wählt, der hier von „September 5“-Star John Magaro gespielt wird, sondern aus der Sicht der damals 18-jährigen Konzertveranstalterin Vera Brandes erzählt wird, die von „Und morgen die ganze Welt“-Star Mala Emde dargestellt wird: Das Publikum erwartet ein faszinierend kluger und verspielter Film, selbst gestaltet wie eine lässige Jazzimprovisation mit viel grandioser Musik der Zeit (Can, Neu!, Floh de Cologne, Ambros). Eine Produktion der Berliner One Two Filmproduktion (Sol Bondy, Fred Burle), die 2025 ihr 15. Jubiläum feiert.
Aus unserer Besprechung:
„Eine vermeintliche Schwäche zum Stützpfeiler eines Films zu machen, der sich ja auch die vermeintliche Unmöglichkeit auf die Fahne geschrieben hat, einen Film über ein Konzert zu machen, dessen Musik man nicht hört. Und der all seine Kreise eckig bekommt, Schwächen zu Stärken macht, weil er sie zum Stilmittel erklärt in einem Film, der sich nicht weniger zum Ziel gesetzt hat, als die Idee von gutem Jazz mit filmischen Mitteln zu vermitteln, ganz cool, ganz verspielt, zahllose Umwege gehend, auch schon einmal das Hauptmotiv aus den Augen verlierend, weil das Solo so besonders gut ist, um dann doch wieder zum Refrain zurückzukehren.“
Der Prank – April, April
Abenteuer für Kids; Port au Prince
Temporeicher Abenteuerspaß über zwei Zwölfjährige in Berlin, die es nach einem missglückten Aprilscherz mit allerhand schrägen und gefährlichen Gestalten zu tun bekommen.
FAST FACTS:
• Hinreißende Abenteuerkomödie für Kids
• Erster Kinderfilm von Benjamin Heisenberg
• Zusammen geschrieben mit Peer Klehmet, produziert von Kundschafter Film
• Sommerlich-beschwingte Liebeserklärung an Berlin
CREDITS:
Land / Jahr: Deutschland, Schweiz 2025; Laufzeit: 91 Minuten; Regie: Benjamin Heisenberg; Drehbuch: Benjamin Heisenberg, Peer Klehmet; Besetzung: Noèl Gabriel Kipp, Max Zheng, Maïmouna Rudolph-Mbacké, Laura Tonke, Mehdi Nebbou, Jana McKinnon, Cedric Eich
GUT ZU WISSEN:
Einen etwas anderen Kinderfilm hat der für seine eher kopflastigen Filmstoffe bekannte Benjamin Heisenberg („Schläfer“, „Der Räuber“) mit „Der Prank – April, April“ (Port-au-Prince / Wild Bunch, hier unsere SPOT-Besprechung) realisiert, seine erste Regiearbeit seit „Über-Ich und du“ vor zehn Jahren. Nach einem Drehbuch, das er mit Peer Klehmet (aktuell im Kino außerdem vertreten mit „Kundschafter des Friedens 2“) geschrieben hat, erzählt er in der Produktion der Kundschafter Filmproduktion GmbH(Produzent: Matthias Miegel), in Ko-Produktion mit Tellfilm GmbH (Produzentin: Katrin Renz), von einem Streich, der völlig aus dem Ruder läuft. Man kann sich einen Film erwarten, als hätte der Peter Bogdanovich der „Is‘ was, Doc“-Ära „Tschick“ verfilmt. Die Kinderstars sind Noèl Gabriel Kipp und Max Zheng. Schützenhilfe erhalten sie von Laura Tonke und Jana McKinnon.
Aus unserer Besprechung:
„Erfüllt von einer puren Lust am Abenteuer, an der Freude am Fabulieren, einmal quer durch Berlin und wieder zurück, geerdet von den Original-Locations, aber immer auch Fantasy pur: die Geschichte mehrerer Aprilscherze, in der trotzdem immer die Sonne strahlt und alle sommerlich T-Shirts tragen. Wenn da etwas kopflastig sein sollte an diesem Film, dann war es das Kopfzerbrechen darüber, wie man Kids die bestmögliche Sause auf der Leinwand präsentiert, als hätte der Peter Bogdanovich der ,Is‘ was, Doc‘ / ,Paper Moon‘-Ära eine etwas jüngere Version von ,Tschick‘ verfilmt.“
The Critic
Kriminalfilm, Universal
Großes Schauspielkino mit einer Paraderolle für Ian McKellen als berühmt-berüchtigter Theaterkritiker im London der 1930er-Jahre, der zu allem entschlossen ist, um seinen Job und Lebensstil zu sichern.
FAST FACTS:
• Anspruchsvolles britisches Period-Drama nach dem Roman „Curtain Call“ von Schriftsteller Anthony Quinn
• Raffinierte Variante von Agatha Christies Mörderkrimis
• Drehbuch aus der Feder des Oscar-nominierten Dramatikers, Autors und Regisseurs Patrick Marber („Hautnah“, „Tagebuch eines Skandals“), Regie führte Anand Tucker („Hilary and Jackie“, „Shopgirl“, Produzent von „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“)
• Weltpremiere beim Toronto International Film Festival 2023
CREDITS:
O-Titel: The Critic; Land/Jahr: UK 2023; Laufzeit: 101 Minuten; Drehbuch: Patrick Marber; Regie: Anand Tucker; Besetzung: Ian McKellen, Gemma Arterton, Mark Strong, Ben Barnes, Alfred Enoch, Romola Garai, Lesley Manville
GUT ZU WISSEN:
Ein etwas älteres Publikum, das beispielsweise schon bei Bill Condons „Mr. Holmes“ oder „The Good Liar“ – beide ebenfalls mit Ian McKellen in der Hauptrolle – auf seine Kosten gekommen war, wird auch mit Anand Tuckers „The Critic“ (Universal, hier unsere SPOT-Besprechung) seinen Spaß haben, eine raffinierte Agatha-Christie-Variante, in der ein Theaterkritiker in ein Verbrechen verwickelt wird, seinen Spaß haben. Mark Strong, Lesley Manville und Gemma Arterton sind mit dabei.
Aus unserer Besprechung.
„Anand Tucker hat das raffinierte Skript mit unbehaglicher Düsternis in Szene gesetzt, wobei die Atmosphäre moralischer Verkommenheit streckenweise mehr fesselt als der weitgedehnte Spannungsbogen. Die dramatischen Kameraeinstellungen von David Higgs, die Nahaufnahmen aus einer irritierend schrägen Aufsicht, bestätigen den Eindruck, dass sich jede Figur oder auch die ganze Welt auf den Abgrund zubewegt, was musikalisch und ironisch unterstützt wird durch die wiederkehrende Melodie des 30er-Jahre-Evergreens ,Midnight, the Stars and You‘, bekannt aus Stanley Kubricks ,Shining‘.“
Die Schattenjäger
Thriller; ImmerGuteFilme
Konsequent-packender Paranoiathriller über einen jungen Syrer, der als Mitglied eines Netzwerks, das in Europa flüchtige Kriegsverbrecher zur Strecke bringen will, in Straßburg seinen Folterknecht von einst aufgestöbert haben will.
FAST FACTS:
• Verschwörungsthriller in der Tradition von „Der Dialog“, „Blow Out“ und „Das Leben der Anderen“
• Sensationelles Spielfilmdebüt des französischen Filmemachers Jonathan Millet
• Weltpremiere als Eröffnungsfilm der Sémaine de la Critique des 77. Festival de Cannes
• Zahlreiche Festivalteilnahmen und Auszeichnungen, unter anderem in Busan, Kairo, Chicago, London sowie Französische Filmtage in Tübingen
• Internationale Koproduktion mit Nikofilm (Nicole Gerhards) als deutscher Produktionspartner
CREDITS:
O-Titel: Les Fantômes; Land / Jahr: Frankreich, Deutschland, Belgien 2024; Laufzeit: 106 Minuten; Regie: Jonathan Millet; Drehbuch: Jonathan Millet, Florence Rochat; Besetzung: Adam Bessa, Tawfeek Bahom, Julia Franz Richter, Halab Rajab
GUT ZU WISSEN:
Eine ähnliche Prämisse wie einst Roman Polanski in „Der Tod und das Mädchen“ (oder John Schlesinger in „Der Marathon Mann“) verwendet Jonathan Millet für seinen prickelnden und brandaktuellen Politthriller „Die Schattenjäger“ (ImmerGuteFilme, hier unsere SPOT-Besprechung), der im vergangenen Jahr in der Sémaine in Cannes Weltpremiere feierte: Ein von Adam Bessa gespielter Aktivist, der aus dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen ist, glaubt in Frankreich in einem Kommilitonen seinen ehemaligen Folterer zu erkennen, woraus sich ein raffiniertes, immer vertrackteres Katz-und-Mausspiel entspinnt.
Aus unserer Besprechung:
„Aber erst als Hamid sich nach etwa der Hälfte der Laufzeit an einen Mensatisch zu dem Verdächtigen setzt, zieht der Film die Schlinge zu, verdichtet sich das bislang hypothetische Rätselspiel zum Politthriller, zum Katz-und-Mausspiel, setzt sich seine Handlung in Bewegung, als habe er nur darauf gewartet, den ersten Dominostein anzustoßen. Und doch wird ,Die Schattenjäger‘ nie eindeutig und schon gar nicht platt, wenn er seine Handlung auch nach Berlin und Beirut verlegt, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen, die sich dann in ganz anderen Konsequenzen manifestiert, als man zunächst erwartet.“