Filme nahezu auf dem Produktionsniveau eines Major-Studios – und das für weniger als 500.000 Dollar. Mehr als 30 solcher Projekte verspricht Staircase Studios AI für die kommenden drei bis vier Jahre – mit durchaus prominenten Namen und etlichen Projekten im Rücken. Auf das erste gewährt man bereits einen minutenlangen Ausblick, den Sie natürlich auch bei SPOT finden.

Kommen (nahezu) komplett KI-generierte Filme – und wenn ja, könnten diese ein Publikum finden? Eine Frage, die schon in etlichen Podiumsdiskussionen zum Thema KI gestellt wurde – und die in der Regel mit einer Kombination aus „Ja“ und „Vermutlich“ beantwortet wurde, gerne noch mit dem Begriff „Nische“ versehen.
Zumindest wenn es nach Produzent Pouya Shahbazian (unter anderem „Die Bestimmung – Divergent“ und dessen Sequels, „Love, Simon“ oder „American Honey“) geht, werden sich solche Fragen schon bald nicht mehr nur auf Basis von Prognosen beantworten lassen, sondern auf jener der Erfahrung mit konkreten Projekten.
Denn mit dem von ihm kürzlich gegründeten Staircase Studios AI will er richtig angreifen – und das mit prominenten Namen im Rücken. Wie Shahbazian heute bekannt gab, ist Kenneth Lerer, Co-Gründer der Huffington Post und Ex-Geschäftsführer von Lerer Hippeau, Partner, Vorstandsmitglied und Hauptinvestor. Zu den weiteren Investoren zählen Liontree-CEO Aryeh Bourkoff, Robert Pittman und Tad Haley von Rafiki Ventures und das Venture-Kapital-Unternehmen Red Sea Ventures. Beraten wird das Unternehmen von einem der bekanntesten US-Produzenten, der sich vor allem mit großen Action-Franchises wie (dem zuletzt eher ein wenig glücklosen) „Transformers“ einen Namen gemacht hat und in dessen Zeit als Produktionsverantwortlicher bei Warner unter anderem „The Matrix“ und der Erwerb der Rechte an „Harry Potter“ fielen: Lorenzo di Bonaventura.
Kleine Brötchen backt man bei Staircase Studios AI kommunikativ jedenfalls nicht: Mehr als 30 Projekte werde man demnach in den kommenden drei bis vier Jahren umsetzen – und das dem Versprechen nach „nahezu“ auf dem Qualitätsniveau einer heutigen Major-Produktion; allerdings zu Kosten von jeweils unter 500.000 Dollar.
Staircase hat sich nach eigenen Angaben bereits eine ganze Reihe an Marken und Stoffen gesichert, darunter seien fast 20 Bücher, die über das vergangenen Jahrzehnt hinweg von ihren Autorinnen und Autoren über die Plattform „The Black List“ zirkuliert worden seien und die sich bislang kein anderes Studio gesichert hatte.
Bereits jetzt befindet sich ein Projekt im fortgeschrittenen Produktionsstadium: „The Woman with Red Hair“ über eine niederländische Widerstandskämpferin im Zweiten Weltkrieg basiert auf einem der über „The Black List“ veröffentlichten Drehbücher. Die von Staircase in einer Pressemitteilung genannte Schauspielerriege (bei der es sich um eine reine Sprecherriege handelt), kommt – vorsichtig formuliert – nicht gerade mit dem größten Wiedererkennungswert daher: Maya-Nika Bewley, Leander Vyvey, Angus Castle-Doughty und Geoffrey Breton. Obwohl es sich in Look & Feel um einen „Realfilm“ handeln soll, wurden die Charaktere, auf deren Basis die KI menschliche Antlitze erzeugt, von den Animationsexperten Teddy Newton und Alfred Gimeno entworfen.
„Uncanny Valley“ oder Zukunft der Filmproduktion? Ein Blick auf „The Woman with Red Hair“
Konkret vorbereitet wird zudem der Animationsfilm „Every Living Creature“. Verantwortlich dafür zeichnet der für seine Webserien bereits unter anderem mit mehreren Emmys ausgezeichnete Bernie Su, der unter anderem 2018 die erste (interaktive) Webserie („Artificial“) schuf, die je auf dem primär Gaming-fokussierten Streamingkanal „Twitch“ debütierte.
Darüber hinaus nennt Staircase bereits jetzt sechs weitere konkrete Film- und Serienprojekte, die man in naher Zukunft in Angriff nehmen will. Bonaventura selbst soll „Wild Night“ produzieren. Ein Projekt, das als „‘Stirb langsam in einem Zoo“ beschrieben wird und dessen Drehbuchumsetzung auf Basis des gleichnamigen Romans derzeit als sogenanntes „Open Writing Assignment“ auf einen passenden Autoren wartet.
„Während der letzten 15 Jahre, in den ich 150 Projekte für das Studiosystem aufgesetzt habe, bin ich Zeuge von viel zu viel Ineffizienz geworden, um den Status quo beizubehalten“, beschreibt Staircase-CEO Shahbazian seine Motivation. „Im vergangenen Jahr habe ich mich der Aufgabe gewidmet, ethische KI-Nutzung mit den am wenigsten genutzten Ressourcen unserer Branche zu verbinden – übersehene Geschichten, die darauf warten, von fantastischen Autoren und Regisseuren produziert zu werden. Dank Kenny und unseren Investoren können wir diese talentierten Künstler engagieren, um sie das tun zu lassen, was sie am besten können: die Art von Filmen zu machen, die die Industrie eigentlich will, für die sie aber momentan nicht den nötigen Mut aufbringt.“
„KI ist in allen Branchen unvermeidlich, und es ist glasklar, was auf Film, Fernsehen und Spiele zukommt“, ergänzt Partner Kenneth Lerer. „Während die Branche stets mit einem Dilemma zu kämpfen hat, das Innovation ausbremst, waren wir bei Staircase ein Vorreiter und haben bereits einen Prozess entwickelt, der uns auf den Weg bringt, ein wirklich herausragendes Studio für KI-Inhalte aufzubauen.“
Rein persönlich sei seitens des Autoren angemerkt, dass ihn zumindest der von Staircase Studios AI präsentierte Clip aus „The Woman with Red Hair“ eher an eine extrem hochwertige, aber etwas träge Zwischensequenz aus einem Videospiel als an einen ernstzunehmenden Film erinnert. Freiwillig würde er sich eine Produktion auf diesem Qualitätsniveau nicht ansehen, erst recht nicht kostenpflichtig. Dass es für derartige Produktionen ein Publikum gibt, kann er aber natürlich nicht ausschließen.