Unsere neue Kolumne geht in die zweite Runde! Unter dem Titel „Irgendwas mit Dominik“ steuert Dominik Porschen als Mitglied der SPOT-Family regelmäßig ganz persönliche Betrachtungen zur Welt des Kinos bei. In dieser Ausgabe nimmt der Moderator und Creator ein Problem ins Visier, das vielen Kinogänger:innen mächtig aufstößt.

Seit Jahren höre ich bei Filmmessen und Podiumsdiskussionen, wie großartig das Gemeinschaftsgefühl im Kino ist, wie einzigartig die Größe des Bilds sowie das Sounderlebnis seien und wie wir diversifizierte Erlebnisangebote benötigen. Stimmt alles. Über ein Thema wird leider gar nicht gesprochen, obwohl ich mir wahnsinnig sicher bin, dass es unsere Branche extrem viele Tickets pro Jahr kostet. Ich finde, es wird Zeit, darüber zu sprechen und über Lösungen nachzudenken. Tatsächlich habe ich einige Tage gezögert, dieses Thema als nächste Kolumne zu wählen, weil es nach eigener Positionierung bei meinem Lösungs-Impuls aussehen könnte. Am Ende ist es mir völlig egal, wer diese Aufgabe übernehmen wird, Hauptsache, es wird gemacht! Es ist eines meiner großen Anliegen in Sachen Erfolg des Kinos.
Meine These: Wir verlieren wahnsinnig viele Tickets, weil Menschen aufgrund des störenden Verhaltens anderer Gäste bewusst nicht mehr ins Kino gehen wollen – egal wie hervorragend die Technik, der Komfort oder das Erlebnis an sich sind.
Habe ich dazu Marktforschung gemacht? Natürlich nicht, doch das eigene Umfeld ist in jedem Fall nicht die schlechteste kleine Studie. Um in meinem Freundeskreis einen ewigen Platz zu finden, braucht es schon eine gewisse Affinität fürs Kino. Spaß beiseite – besagte Affinität ist in meiner Bubble tatsächlich überall gegeben. Gerade hier höre ich in Gesprächen regelmäßig, wie schlecht ihre letzten Erfahrungen bezüglich anderer Gäste waren und sie daher keine Lust mehr haben, ein Ticket zu kaufen. Auch in Social-Media-Kommentaren bei eigenen Videos lese ich ständig von diesen Problemen. Wie kann es sein, dass wir Menschen als Zielgruppe verlieren, die Kino eigentlich lieben, Zeit und Budget haben? Wieso sprechen wir darüber nie?
Keine Frage des Alters
Natürlich gehe ich selbst privat regelmäßig ins Kino. Abendvorstellungen am Wochenende sind dabei jedoch eine Seltenheit geworden. Tatsächlich entscheiden wir uns privat meist für schwächer besuchte Nachmittagsvorstellungen (teils unter der Woche), um dem erneuten Desaster zu entgehen: Menschen sind mit maximaler Bildschirm-Helligkeit am Telefon oder unterhalten sich lautstark während des Films – von TikTok-Aufnahmen oder Challenges brauchen wir noch gar nicht sprechen. Denn so könnten wir schnell in die Haltung übergehen: „So war die Jugend schon immer!“! Diese Haltung würde ausblenden, dass nach meiner Erfahrung mangelnde Rücksicht im Kino absolut kein Thema des Alters ist. Im Gegenteil!
Insbesondere mit Erwachsenen jenseits der 30 Jahre entstanden schon teils absurdeste Diskussionen, wieso sie das Recht hätten, sich auch über ihre Urlaubsplanung WÄHREND des Films zu unterhalten oder durchgängig Kontakt mit dem Babysitter via WhatsApp zu halten. Bei mehr als der Hälfte der letzten Kinobesuche musste ich um Ruhe bzw. Rücksicht bitten. Das ist nicht nur wahnsinnig anstrengend, sondern auch frustrierend. Meine bessere Hälfte für einen Kinobesuch zu begeistern, wird insbesondere bei Abendvorstellungen immer schwerer. Auch bei diversen Freund:innen höre ich regelmäßig: „Nein, die letzten Male waren so viele Gäste maximal störend. Ich schaue den Film später mal daheim… du weißt, wie sehr ich Kino eigentlich liebe, aber so habe ich keine Lust nicht mehr.“
Was können wir dafür tun, dass sich dieses Verhalten positiv ändert und wir Menschen somit zurück ins Kino holen? Logischerweise können wir keine gesamte Gesellschaft erziehen. Darum geht es auch nicht. Mein persönlicher und konkreter Vorschlag: Wir könnten aber in den Kinos (und über weitere Kanäle) Signale senden, die bestenfalls sogar eine doppelte Wirkung hätten. Wieso gibt es keinen liebevollen und persönlichen Spot für alle Gäste, bevor der Film startet à la: „Schön, dass ihr alle da seid! Wir möchten, dass ihr eine großartige Zeit im Kino verbringt. Damit alle eine tolle Zeit haben, nehmt bitte Rücksicht auf andere Gäste, lasst euer Handy in der Tasche und führt während des Films keine störenden Gespräche. Denn wenn sich alle kreuz und quer unterhalten, würde es hier echt laut. Wenn es sonst etwas gibt, was ihr braucht, sprecht das Personal jederzeit an. Jetzt viel Spaß mit dem Film – wir hoffen, er gefällt euch.“ Das Ganze aber persönlich gesprochen, keine Tafeln mit einer Off-Stimme. Eine echte menschliche Begrüßung in Videoform.
Liebevolle und persönliche Spots für die Gäste
Das Ergebnis: Es gibt eine Begrüßung des Gasts inkl. Gastgebergefühl und eine Ansprache, die sich auf positive Weise gutes Benehmen wünscht. Es wäre naiv davon auszugehen, jeder Gast würde sich nach Einsatz dieser 30 Sekunden tadellos verhalten. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass zum einen genügend Menschen dadurch sensibilisiert werden, motiviert werden, sich bei schlechtem Umgang zu äußern, und zum anderen fühlt sich das Publikum, was diese Probleme mit Kinobesuchen empfindet, im ersten Schritt gesehen und gehört. Die Menschen spüren, dass wir nicht nur ihr Geld für ihre Karte und das Popcorn verdienen wollen, sondern wirklich allen Gästen ein zufriedenstellendes Erlebnis schaffen möchten. Je näher dies am Hauptfilm geschehen könnte, desto größer wäre der Effekt.
So ein Spot ließe sich ziemlich zügig produzieren und einsetzen. Mir ist selbst klar, dass ein Presenter-Spot vor dem Hauptfilm der kostbarste Werbespot ist und es mehrere Beteiligte braucht, die Zugeständnisse machen. Am Ende ist es auch erst mal ein Impuls meinerseits (ich freue mich über on- und offline Diskussionen dazu). Dabei wäre es wünschenswert, vor allen Dingen darüber zu sprechen, was andere für umsetzbar halten, und nicht darüber, was alles nicht geht. Ich habe die Hoffnung, Eitelkeiten und Befindlichkeiten könnten hier nicht dafür sorgen, dass zwar intensiv über ein Thema gesprochen wird, am Ende aber wieder einmal nichts passiert. Ich liebe diese Branche sehr, jedoch bleibt der Eindruck: Vieles wird angestoßen, aber am Ende bleibt ein Großteil doch so, wie er immer war.
Falls mein Gedankengang Befürwortende findet: Mir ist es letztendlich egal, wer das umsetzt. Ich mache an dieser Stelle gerne die Tür auf und gebe das Signal: Mein Team und ich wären sofort am Start, es wenigstens zu versuchen und alle Kinos damit zu beliefern. Wenn einige Ketten und Verleiher das unterstützen möchten, wäre es für alle Parteien für kleines Geld umzusetzen. Egal wie und wo: Ich möchte, dass wir in dieser Branche alle potenzielle Gäste zurückholen. Denn diese Gäste müssen wir nicht mehr vom allgemeinen Flair und technischen Vorzügen eines Kinofilms überzeugen, sondern eher signalisieren: Wir wollen wirklich, dass ihr alle eine gute Zeit habt! Das wäre toll – auch damit ich endlich mal wieder eine Samstagabend-Date-Night im Kino verbringen kann.