Das Angebot aus Hollywood mag im zurückliegenden Kinojahr an der einen oder anderen Stelle Wünsche offengelassen haben – in Frankreich wurden die Ergebnisse des Vorjahres dennoch um ein Mü übertroffen: mit fast 100 Millionen mehr Besuchen als in Deutschland. Der Abstand zum vorpandemischen Niveau bewegte sich zwar noch bei knapp 13 Prozent, aber in der zweiten Jahreshälfte gab es eine enorme Annäherung.
Fast Facts:
• Laut vorläufiger CNC-Bilanz wurden im vergangenen Jahr 181,3 Mio. Kinobesuche in Frankreich gezählt. Also rund 100 Millionen mehr als nach Comscore-Zählung in Deutschland.
• Gegenüber 2023 wurden in Frankreich rund eine Million (oder 0,5 Prozent) mehr Tickets verkauft
• Der Abstand zum vorpandemischen Niveau verringerte sich über das Gesamtjahr hinweg auf 12,8 Prozent – laut dem CNC belief er sich über die letzten acht Monate hinweg sogar auf gerade einmal 2,7 Prozent
• Der lokale Marktanteil – laut CNC „einer der höchsten jemals gemessenen“ – belief sich auf 44,4 Prozent
• Alleine die lokalen Filme sorgten in Frankreich für eine Besuchsaufkommen, das nahezu dem deutschen Gesamtmarkt (!) nach Comscore-Zählung entsprach
• Die drei erfolgreichsten Filme waren „Was ist schon normal?“ (übrigens ein Erstlingsfilm!) mit über 10,3 Mio. Besuchen; „Der Graf von Monte Christo“ mit über 9,1 Mio. Besuchen und „Alles steht Kopf 2“ mit knapp 8,3 Mio. Besuchen
Keine Frage. Frankreich ist nicht Deutschland – und französische Kinozahlen sind (leider) kein Maßstab für Deutschland. Dennoch gibt der Blick auf die vorläufige Jahresbilanz des CNC wieder einmal zu denken. Denn so ganz von ungefähr kommen solche Zahlen nun auch wieder nicht.
Um es also kurz auszusprechen: Während die beiden erfolgreichsten deutschen Filme jeweils um die drei Mio. Besuche im Heimatland schafften, zogen die beiden erfolgreichsten französischen Titel dort über zehn und über neun Mio. Menschen vor die Leinwände. Und nur um den direkten Vergleich anzustellen: „Alles steht Kopf 2“ war in Deutschland mit gut 5,7 Mio. Besuchen der einsame (und in dieser Größenordnung unerwartete) Toptitel. In Frankreich waren es 8,3 Mio. Tickets. In einem Land mit knapp 20 Prozent weniger Einwohnern… Ein Schelm, wer denkt, das könne etwas mit Medienbildung, Schutz und Unterstützung des Kulturortes Kino oder verlässlich langen Auswertungsfenstern zu tun haben…
TOP TEN FRANKREICH 2024
Platz | Titel | Land | Kinostart Frankreich | Besuche in Mio. |
1 | Was ist schon normal? | Frankreich | 01.05.24 | 10,31 |
2 | Der Graf von Monte Christo | Frankreich | 28.06.24 | 9,13 |
3 | Alles steht Kopf 2 | USA | 19.06.24 | 8,26 |
4 | Vaiana 2 | USA | 27.11.24 | 6,43 |
5 | Beating Hearts | Frankreich | 16.10.24 | 4,73 |
6 | Ich – Einfach unverbesserlich 4 | USA | 10.07.24 | 4,32 |
7 | Dune: Part Two | USA | 28.02.24 | 4,13 |
8 | Deadpool & Wolverine | USA | 24.07.24 | 3,69 |
9 | Gladiator II | USA | 13.11.24 | 2,87 |
10 | Planet der Affen: New Kingdom | USA | 08.05.24 | 2,50 |
Obwohl die französischen Kinos nach vorläufigen Zahlen rund 100 Millionen (!) mehr Besuche verzeichnen konnten als die deutschen, war 2024 bei den Nachbarn grundsätzlich auch kein gänzlich reibungsloses Jahr – zumindest wenn man auf Hollywood blickt. Denn ohne einen weiteren leichten Anstieg des schon im Vorjahr ausgezeichneten lokalen Marktanteils hätte es nicht gereicht, um 2023 zu übertreffen. So aber wurden nach ersten Schätzungen des CNC 181,3 Mio. Besuche gezählt – rund eine Million oder 0,5 Prozent mehr als im Vorjahr.
Der lokale Film glänzte dabei mit über 80 Mio. Besuchen und einem gegenüber einem ohnehin starken Vorjahr noch einmal um mehr als vier Prozentpunkte ausgebauten Marktanteil. Die 44,4 Prozent des vergangenen Jahres sind laut CNC der höchste Wert seit 15 Jahren (2008, im Jahr von „Willkommen bei den Sch’tis“ und „Asterix bei den Olympischen Spielen“ waren es 45,5 Prozent) – und sie liegen deutlich über dem langjährigen Vorkrisen-Schnitt von 37,2 Prozent.
Dass allein die drei französischen Titel in der Top 5 mehr als 25 Mio. Besuche auf sich vereinen, sei zuletzt 2011 (dem Jahr von „Ziemlich beste Freunde“) vorgekommen – und entspreche in etwa dem Doppelten dessen, was die drei erfolgreichsten lokalen Produktionen des Vorjahres geschafft hatten.
ENTWICKLUNG DER MARKTANTEILE
Produktionsland | 2024 | 2023 |
Frankreich | 44,4 | 40,1 |
USA | 36,7 | 41,2 |
Andere | 18,9 | 18,7 |
Kein Wunder, dass das Fazit von CNC-Chef Olivier Henrard ausgeprochen positiv ausfällt: „Das französische Kino kann heute alles: alle Genres und alle Erzählungen, für jedes Publikum. Es sind die Vielfalt und Einzigartigkeit unserer Werke – historisches Drama, zeitgenössische Erzählung, Musikfilm, Sozialkomödie, Dokumentarfilm, Animationsfilm – die einen Aufschwung bei den Gesamtbesucherzahlen und dem Marktanteil unserer lokalen Filme erklären, der weltweit seinesgleichen sucht.“ Derartige Ergebnisse in Relation zu jenen vergleichbarer Länder zu stellen, sei der beste Beweis für die „Exzellenz“ des französischen Modells.
Den Vergleich stellt das CNC nicht zuletzt auch mit Blick auf den Abstand des Gesamtmarktes zum vorpandemischen Niveau an. Denn dieser belief sich in Frankreich über das Gesamtjahr hinweg auf nur noch 12,8 Prozent nach Besuch, während er in Deutschland laut CNC (unter Berufung auf Comscore-Schätzungen) bei 17 Prozent, in Italien bei 19 Prozent, in Spanien bei 22 Prozent – und in den USA (dort allerdings nach Umsatz) sogar bei 25 Prozent gelegen habe. Auch das Vereinigte Königreich hinke um 16 Prozent nach Boxoffice hinter dem Schnitt der Jahre 2017-2019 zurück.
Vor allem aber hätten die letzten acht Monate des Jahres gezeigt, wie sehr sich die Kinobegeisterung wieder jener vor der Pandemie angenähert hat. Denn während dieses Zeitraums sei der Rückstand auf vorpandemische Zeiten in Frankreich auf lediglich 2,7 Prozent gesunken.
Tatsächlich blieben in diesem Acht-Monats-Zeitraum nur der Juli und August unter den Zahlen des (Barbenheimer-)Vorjahres, während die ersten vier Monate samt und sonders schwächer verliefen. Tiefpunkt war der April mit einem Minus von gut 36 Prozent gegenüber 2023.