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Epik Film: Grenzenlose Kreativität 

Filmemacher Hüseyin Tabak ist seit 2018 auch als Produzent tätig. Mit Epik Film fördert er vor allem junge Stimmen, die was zu erzählen und einen Blick fürs Weltkino haben.

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Das Team von Epikfilm: Hüseyin Tabak (hinten l.) mit Kathrin Rodemeier, Gamze Tabak, Mehmet Aktaş (hinten r.) und Roj Hajo (Credit: Epik Film / Enas Aktaş)

Epik Film in Nordrhein-Westfalen ist eine der jungen deutschen Produktionsfirmen, die ganz besondere künstlerische Handschriften fördert, Rohdiamanten an Filmhochschulen aufstöbert und diese im Entwicklungsprozess ihrer Projekte nicht nur begleitet, sondern sie im besten Fall in die Epik-Family aufnimmt. Hinter Epik stecken Filmemacher Hüseyin Tabak und Produzent Mehmet Aktaş, der auch noch mit mîtosfilm aktiv ist und unlängst mit „Im toten Winkel“ beim Deutschen Filmpreis reüssierte.

Der Gründungsimpuls erfolgte 2018 von Hüseyin Tabak, der, wie er selbst sagt, schon immer von einer Neugierde angetrieben wurde, mit anderen Kreativen zu arbeiten, „obwohl ich selbst leidenschaftlicher Regisseur und Autor meiner eigenen Projekte bin“. Tabak ist in Nordrhein-Westfalen aufgewachsen, er sei „leidenschaftlicher Ostwestfale“, so der Filmemacher. Nach dem Regiestudium an der Filmakademie Wien (unter Michael Haneke), zog es ihn wieder zurück in die Heimat. Die ersten eigenen Arbeiten waren sein Debüt „Deine Schönheit ist nichts wert“, „Das Pferd auf dem Balkon“, der Dokumentarfilm „Die Legende vom hässlichen König“ über den kurdischen Schauspieler, Filmemacher und Schriftsteller Yilmaz Güney, bei dem er bereits mit Mehmet Aktaş zusammenarbeitete, „Gipsy Queen“, der Hauptdarstellerin Alina Serban u.a. einen Deutschen Filmpreis bescherte, und zuletzt, „nur“ als Regisseur, sein erster Film für einen Major, „Oskars Kleid“.

Das Produzieren hat Tabak immer gereizt, im Alleingang hätte er es sich aber nicht getraut. Nach den sieben intensiven Jahren der Zusammenarbeit bei „Die Legende vom hässlichen König“, während der es nie Beef gegeben habe, obwohl es das schwierigste Projekt seiner Karriere sei, wusste Tabak, dass Aktaş der richtige Partner in Crime für das Unterfangen einer eigenen Unternehmensgründung sein würde. „Wir sind beide leidenschaftliche Geschichtenerzähler“, so Tabak. Bei Epik steht nicht der finanzielle Profit im Vordergrund, sondern die Kreativen und deren Geschichten. Dass die Gründung 2018 in NRW erfolgte, war nicht nur der Tatsache geschuldet, dass Tabak hier aufgewachsen ist, sondern auch dem Kommittment der Film- und Medienstiftung, Firmen am Standort willkommen zu heißen, die mit einem Blick aufs Weltkino produzieren. Das tut Epik. 

Dass die Gründung 2018 in NRW erfolgte, war nicht nur der Tatsache geschuldet, dass Tabak hier aufgewachsen ist, sondern auch dem Kommittment der Film- und Medienstiftung, Firmen am Standort willkommen zu heißen, die mit einem Blick aufs Weltkino produzieren. Das tut Epik. 

Die bereits angeschoben Stoffe, die sehr vielfältig sind, strahlen internationalen Charakter aus. Demnächst steht der Drehstart des ersten Projekts an. „Wir haben in den letzten Jahren viel gleichzeitig entwickelt. Nicht vordergründig meine eigenen Stoffe als Autor und Regisseur, obwohl da auch ein paar mit drin sind. Sondern Projekte von Kreativen, die zu uns passen. Mit denen wollen wir im Idealfall als Familie wachsen“, sagt Tabak. Zu den Leuten, für die Epik sich entscheidet, steht der Produzent. „Wir lassen Kreative nicht gleich wieder fallen, nur weil das Greenlight für eine Serie oder ein Sender für einen Kinofilm nicht sofort erfolgt. Wir bleiben dran, weil wir an die Stoffe, für die wir uns entscheiden, auch zu 100 Prozent glauben.“ Tatsächlich ist Epik nicht nur im Kinofilm- sondern auch Serienbereich aktiv. Zwei Serienprojekte entstehen im Schulterschluss mit Moovie (Jan Ehlert, Oliver Berben), eine Zusammenarbeit, die Tabak sehr schätzt. 

Die intensive Zeit der Entwicklungen trägt nun Früchte, muss auch Früchte tragen, denn, so Tabak: „Mehmet und ich haben viel Eigenkapital in das Unternehmen gesteckt, um die Jahre des Aufbaus und der Entwicklung von Stoffen überbrücken zu können. Das wird sich hoffentlich bald refinanzieren“. Und tatsächlich befindet sich nun das erste Kinoprojekt vor Drehstart: „Morgen war Krieg“ von Nicolas Ehret, der an der Filmakademie Baden-Württemberg studierte. Produktion zwei und drei stehen für 2025 in den Startlöchern. „,Morgen war Krieg‘ war das allererste Projekt, das wir an Land gezogen haben. Ich habe Nicolas’ mittellangen Film ‚Das Rote Rad‘ auf dem Filmfestival Max Ophüls Preis gesehen. Daraus wollte er einen Langfilm machen. Wir waren sofort auf einer Wellenlänge“, erzählt Tabak. „Morgen war Krieg“ hat eine zerbrochene EU und ein rechtes Deutschland als Hintergrund. Krieg steht bevor und der Hauptdarsteller, ein junger Mann Anfang 30, der nichts kennt als Frieden, Wohlstand und Sicherheit, soll eingezogen werden. Er desertiert zu seinem entfremdeten Vater an die Ostgrenze, wo er sich in den Wäldern versteckt. 

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Regisseur Hüseyin Tabak beim Dreh von „Oskars Kleid“ mit Florian David Fitz, Burghart Klaussner und Kida Khodr Ramadan (Credit: Pantaleon)

„Nico arbeitet schon sehr lange an diesem Stoff. Die Realität hat uns leider ein Stück weit eingeholt. Die aktuelle Situation in Europa hat uns aber noch mehr Kraft gegeben, an das Projekt zu glauben“, so Tabak. Lange Zeit habe er es ohne jegliche Unterstützung vorangetrieben, nur Absagen seien hereingetrudelt. Erst als der WDR mit Redakteurin Andrea Hanke eingestiegen ist und die Film- und Medienstiftung NRW es mit einer für einen Erstlingsfilm hohen Summe gefördert hat, kam neues Leben hinein. Auch Nordmedia konnte später als Förderpartner gewonnen werden. Das Budget sei immer noch „extrem schmal, wir kratzen an allen Ecken und Enden zusammen“, so Tabak. Besonders lobenswert sei gewesen, dass nicht nur mîtosfilm Referenzgelder von „Im toten Winkel“ zur Verfügung gestellt hat, sondern auch die Kollegen von Eyrie Film tatkräftig unterstützten, ebenfalls mit Referenzgeldern, die sie noch von „Der Pfad“ übrighatten. Gedreht wird zu 80 Prozent in Ostwestfalen. Der Kinostart von „Morgen war Krieg“ soll 2025 sein. „Da ist auch Bundestagswahl. Dieser Aspekt ist sehr interessant, weil unser Film direkten Bezug nimmt auf aktuelle politische Themen in Deutschland. Damit schlagen wir eine Brücke und hoffen, noch größeres Interesse für unseren Film zu generieren“, sagt Tabak. Die Hauptrollen in „Morgen war Krieg“ spielen Ulrich Matthes, Enno Trebs, Jungschauspielerin Naila Schuberth aus dem Netflix-Hit „Liebeskind“ und Susanne BredehöftArtHood, die unlängst in Venedig mit „Shahed“ einen Preis gewonnen haben, ist als Weltvertrieb an Bord.

Das zweite Kinoprojekt, das nächstes Jahr in Dreh geschickt werden soll, ist „Hydra“, das Hüseyin Tabak in Reminiszenz an „Kurz und schmerzlos“ von Fatih Akin sieht, als Story über Hass, Selbstliebe und das unstillbare Verlangen nach Identität. Das Drehbuch stammt von Brix Vinzent Koethe, für die Regie wird Ozan Mermer verantwortlich zeichnen. Gedreht wird komplett in Hamburg. „Wir sind sehr glücklich, mit BR und arte gleich zwei Sender an unserer Seite zu haben.“ BR-Redakteurin Natalie von Lambsdorff hatte bereits Mermers Abschlussfilm an der HFF München, „Reina“, mitproduziert, und Daniela Muck von arte sei sehr begeistert vom Drehbuch gewesen, erzählt Tabak. 

„Ich bin mit ganzem Herzen NRWler. Ich bin gebürtiger Ostwestfale und diese Region berührt mich einfach.“

Hüseyin Tabak

Projekt Nummer drei, das ebenfalls für 2025 drehfertig sein soll (Spätherbst), nennt der Produzent „die Creme auf der Torte“: „The Postman“, so der Titel, ist das neue Projekt des Golden-Globe-Gewinners Siddiq Barmak („Osama“), der nach dem Einmarsch der Taliban seine Heimat Afghanistan verlassen musste und nach Paris ins Exil ging. Tabak und er hatten sich in der Jury des Duhok International Film Festival in Kurdistan kennengelernt. Nachdem die Realisierung von „The Postman“, einer sehr persönlichen Geschichte über einen gutherzigen Postboten in Kabul, dessen Familie nach dem Tod des ältesten Sohnes bei einem Raketenangriff auseinanderbricht und er nur in der täglichen Routine Halt findet, mit einer anderen deutschen Firma nicht klappte, griff Tabak zu und investierte mit Epik weiter in die Drehbuchentwicklung. ZDF/Arte ist Senderpartner, „Holy Spider“-Star Zar Amir konnte als Hauptdarstellerin gewonnen können und erst vor kurzem wurde das Projekt von der Filmstiftung für die Produktion gefördert.

Es ist also einiges los bei Epik. Zeit für seine eigenen Projekte hat Hüseyin Tabak dennoch. „Ich habe selbst auch viel geschrieben und entwickelt, merke aber, je größer die Projekte, desto unsicherer die Finanzierung.“ Eine besonders gute und persönliche Beziehung hat er zu Constantin Film. „Ich schätze den Austausch, liebe es, dass hier noch so old school gearbeitet wird. Fühle mich dort einfach wohl.“ Sowohl mit Constantin Film als auch mit Tochterfirma Rat Pack brütet Tabak über Projekten. Ein großes Serienprojekt darf er demnächst mit Wiedemann & Berg announcen. Bei den Projekten, die Tabak als Regisseur und Autor entwickelt, ist Epik nicht zwangsläufig an Bord. Dennoch sind alle Konstellationen vorstellbar, dass Epik als kleine Firma auch mal mit einer großen gemeinsam produziert. Wie etwa „Vandals“, eine der beiden Serienproduktionen, die mit Moovie entstehen, und bei der Tabak für Drehbuch, Regie und als Koproduzent verantwortlich zeichnen wird. Die Film- und Medienstiftung NRW hat mit einer hohen Summe die Projektentwicklung gefördert. „Sie soll komplett in Ostwestfalen gedreht werden, meiner Heimat“, so Tabak. „Vandals“ ist autobiografisch geprägt, spielt in einer Nacht und kreist um eine Clique Jungs mit Migrationshintergrund, die die letzte gemeinsame Party feiern wollen, bevor sich ihre Wege trennen, und alles daran setzen, in den Club zu kommen, bei dem ihnen der Zugang immer verwehrt geblieben ist. Die Suche nach einem Sender- oder Streamingpartner läuft. Eine Besonderheit bei „Vandals“ soll der Besetzungsprozess sein. „Hier ist die Arbeit von Fernando Mereilles bei ‚City of God‘ Vorbild. Er arbeitete ausschließlich mit Laien aus den Favelas, monatelang in Workshops, in deren Verlauf er dann erst die Rollen besetzt hat. Das will ich genauso machen. Moovie lässt mir hier alle Freiheiten. Das ist toll, gerade für ein so autobiografisch gefärbtes Projekt“, so Tabak.

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Hüseyin Tabak in Tallinn (Credit: Epikfilm)

Seine Heimatregion NRW bedeutet Tabak viel. „Ich bin mit ganzem Herzen NRWler. Ich bin gebürtiger Ostwestfale und diese Region berührt mich einfach.“ Das größte Projekt, das Tabak und Epik im Köcher haben, ist auch eng mit NRW verbunden: die Verfilmung von Günter Wallraffs „Ganz unten“, das Menschenrechtsverletzungen und Ausländerfeindlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland in den frühen 1980er Jahren darstellt. Der bekannte Enthüllungsjournalist, der ebenfalls aus NRW stammt (gebürtig aus Burscheid), musste nicht lange überlegen, um Hüseyin Tabak die Verfilmungsrechte zu überlassen. „Wir sind in einem sehr innigen Austausch mit Günter“, erzählt Tabak. „Das Buch hatte bei uns zuhause einen besonderen Stellenwert und stand wie ein Statement mit Cover nach vorn im Regal. Günter war einer der ersten Deutschen, der sich wirklich für die Gastarbeiter:innen eingesetzt hat. Das ist ein sehr emotionales Thema, weil meine Eltern auch Gastarbeiter waren. Deswegen ist ‚Ganz unten‘ das Herzstück der Epik Film. Damit erhoffen wir uns einen großen Aufschlag in NRW…“

Nicht nur als Filmemacher beweist Hüseyin Tabak Mut, beschreitet neue Wege und zeigt Risikobereitschaft, in der Erzählung neuer Formen. Auch als Produzent verfolgt er diesen Weg. Nur keine Stangenware! Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt! Das ist Epik.

Barbara Schuster