Es war ein Auftakt nach Maß: Pünktlich zu einem der stärksten Wochenenden des Jahres öffnete am 2. Oktober das EMOTION Kino Monheim der Familie Rüttgers seine Türen. Wir sprachen mit den Verantwortlichen über ihr bislang ambitioniertestes Projekt – und ein Haus, in dem Vielfalt auf allen Ebenen gelebt werden soll.
„Was überwiegt eigentlich gerade: Vorfreude oder Anspannung?“ Gar keine so einfache Frage, die Julian Rüttgers da zu Beginn unseres Gesprächs beantworten sollte. Schließlich lagen zwischen diesem und der Eröffnung des bislang mit Abstand größten Kinoprojekts seiner Familie nur etwa 24 Stunden. Knapp ein Tag, an dem es noch galt, letzte Hand an das eine oder andere Detail zu legen, noch einmal Technik und Abläufe auf Herz und Nieren zu prüfen, bevor sich am 2. Oktober zum ersten Mal die Türen öffneten. Insofern: „Keine Frage, eine gewisse Anspannung ist da“, sind sich Julian und sein Vater Thomas Rüttgers einig. Aber letztlich stehe dann doch die Vorfreude im Vordergrund – und der Stolz, dieses besondere Projekt plangemäß zum Abschluss gebracht, diesen Kraftakt gestemmt zu haben.
Denn ein „Kraftakt“ sei es in der Tat gewesen, diesen Bau quasi neben dem normalen Tagesgeschäft – das nicht zuletzt den Betrieb der beiden Kinos in Mettmann und Ratingen umfasst – in dieser familiären Konstellation zu stemmen. „Bei einem Neubau dieser Größenordnung würde man üblicherweise mit externen Ausstattern, Architekten und Projektleitung arbeiten, in unserem Fall haben wir alle diese Rollen quasi in Personalunion bekleidet“, schildert Thomas Rüttgers. Dass man mit der ECCO – Cine Supply & Service den Ausstatter im eigenen Haus hat, machte dieses Vorgehen natürlich erst möglich und erleichterte auch vieles – aber „es war schon viel Verantwortung, die da primär auf vier Schultern und insbesondere jener von Julian lastete“, so Thomas Rüttgers. Man sei „geschafft“. Aber glücklich.
Denn selbstverständlich habe es auch große Vorteile gehabt, alle Prozesse jederzeit im Blick zu haben, lenken und gegebenenfalls auch eingreifen zu können. Den gesamten Innenausbau komplett selbst gesteuert zu haben – „wir waren quasi Maler, Schreiner, Elektroinstallateure, Fliesenleger, Designer“, so Thomas Rüttgers – war am Ende tatsächlich der Schlüssel, um pünktlich auf die Zielgerade gelangen zu können. Wobei die Kinomacher auch die Rolle der Stadt Monheim hervorheben, die dem Projekt stets mit vollster Unterstützung zur Seite gestanden, die „unheimlich mitgezogen“ habe – und die auch selbst stark auf den Eröffnungstermin für den Gesamtkomplex, das Einkaufszentrum Monheimer Tor, gedrängt habe – parallel zu einem großen Stadtfest rund um den Tag der Deutschen Einheit.
Ohne derartige Unterstützung hätte sich das Projekt so nicht realisieren lassen, betont Thomas Rüttgers, der sich an die bisweilen „zermürbende“ Modernisierungsphase in Ratingen erinnert. Rund eineinhalb Jahre vergingen dort zwischen Übernahme und Wiedereröffnung, obwohl die eigentlichen Bauarbeiten eine Angelegenheit von weniger als drei Monaten gewesen wären. Was weniger als Kritik an der Stadt selbst als einem Land „in einem Verwaltungsmodus“ zu sehen sei, der Machern mitunter viele Steine in den Weg lege.
Obwohl – oder gerade weil – es ein Familienprojekt ist, wurde über das eine oder andere Detail intensiv diskutiert. Nicht zuletzt den Namen. Thomas Rüttgers gibt offen zu, dass ihm zunächst eine etwas klassischere Wahl vorschwebte. Eine die schon im Namen den direkten Bezug zu einem Kinocenter hergestellt hätte. Allerdings ließ er sich letztlich gerne davon überzeugen, dass „EMOTION“ – denn darauf fiel die Wahl – genau das tut. „Es war ein schöner Abend in Oslo, an dem mein Bruder und ich mit verschiedenen Ideen gespielt haben. Am Ende stand die Frage im Raum: Was machen wir? Wofür steht Kino? Und es geht am Ende immer um Emotionen. Solche die man gemeinsam und damit nur umso intensiver durchlebt“, so Julian Rüttgers.
Wo man sich inhaltlich und programmatisch mit dem Sechs-Saal-Haus positioniert sieht? Kurz gesagt: Im Grunde überall. „Im Fokus steht für uns der ganzheitliche Ansatz. Wir sehen uns nicht als Mainstream- oder als Arthouse-Kino. Sondern wir wollen alle Facetten abbilden – und damit auch der Vielfalt der Gesellschaft Rechnung tragen. Nicht nur mit dem Programm auf den Leinwänden, sondern vor allem auch mit unseren Angeboten und den individuell gestalteten Sälen“, so Julian Rüttgers, der augenzwinkernd anfügt: „Im Schnitt gehen die Deutschen weniger als eineinhalb Mal pro Jahr ins Kino – unser Ziel ist es, dass jeder Monheimer wenigstens sechs Mal kommt, allein schon, um die unterschiedlichen Säle zu sehen.“
Das EMOTION Kino Monheim
Saal 1: Das Flaggschiff mit 177 Plätzen und zwei Rollstuhlplätzen. Als Ultimate.-Paket beworben, kommt hier das PLF-Format Cinity mit HDR- und HFR-fähiger Laserprojektion von Christie, kombiniert mit Dolby Atmos, zum Einsatz. Weitere Technikhighlights sind D-Box-Sitze und (wie in allen Sälen) Ambience Lighting. Besonders stolz ist man auf die rund 100qm große Leinwand, ein Curved Screen, der die vierte Wand nahezu komplett ausfüllt. Dank rund neun Metern Abstand ist der volle Überblick aber auch aus der ersten (mit Daybeds bestückten) Reihe gewährleistet.
Saal 2: 96 Plätze und zwei Rollstuhlplätze und ebenfalls das volle Paket aus 4K-RGB-Laserprojektion, Dolby Atmos und D-Box-Sitzen.
Saal 3: Mit 33 Plätzen und einem Rollstuhplatz ist es das „Studiokino“, ein Saal der vor allem auch für Veranstaltungen wie Kindergeburtstage gedacht ist. Besonders Feature ist die Beleuchtung über jeweils zwei sich über die gesamte Raumlänge erstreckenden LED-Streifen an den Seiten und der Decke, die individuell bespielbar sind – und so ganz die gewünschte Atmosphäre schaffen können.
Saal 4: Der erste von zwei „Allroundern“ mit 92 Sitzplätzen und einem Rollstuhlplatz. Auch hier gibt es 4K-RGB-Laserprojektion, Recliner und als besonderes Highlight Doppelsofas in der letzten Reihe.
Saal 5: Der zweite „Allrounder“ mit 101 Sitzplätzen ist atmosphärisch anders gestaltet als Saal 4, bietet im Prinzip dieselbe Technik und ebenfalls Doppelsofas in der letzten sowie Daybeds in den ersten beiden Reihen.
Saal 6: Das atmosphärische Highlight: Abseits der beiden Rollstuhlplätze für 56 Gäste komplett mit Sofas ausstaffiert, mit künstlichen Bücherregalen komplett im Bibliothekslook gehalten und mit Hochflorteppich ausgelegt, wurde hier ein besonderer Wohlfühlort geschaffen. Auch hier sorgt ein RGB-Laser für das richtige (Hochkontrast-)Bild.
Was man sich erhofft? „Zunächst einmal, dass es so gut läuft wie in Mettmann und Ratingen – nur eben in größeren Dimensionen“, erklärt Julian Rüttgers. Der nicht zuletzt die Hoffnung hegt, auch wieder Zielgruppen zu gewinnen, die schon länger nicht mehr im Kino waren. Eine der schönsten Bestätigungen für den eingeschlagenen Kurs sei schon vor der Eröffnung gekommen: „Wenn einem Handwerker erklären, dass sie seit Jahrzehnten nicht mehr im Kino gewesen seien, sie das Haus und vor allem unser größter Saal aber schon jetzt so beeindrucke, dass sie unbedingt einmal kommen würden, dann macht das stolz – und zeigt, dass wir den richtigen Kurs eingeschlagen haben.“
Ein Kurs, für den sich Thomas Rüttgers tatsächlich Nachahmer erhofft: „Nicht, dass wir uns wünschen würden, direkt kopiert zu werden – aber es würde mich doch sehr freuen, wenn wir mit dem hier betriebenen Aufwand auch einen Anstoß liefern könnten, nachzuziehen. Denn das Kino lebt insgesamt davon, dass es sich ständig erneuert, dass es mit unterschiedlichsten Konzepten punktet – und dass es vor allem eine Qualität bietet, die es klar von allen anderen Möglichkeiten des Filmkonsums abhebt.“ Manchmal könnten schon Details einen Unterschied machen – und er rate dazu, sich ständig damit auseinanderzusetzen, was man vielleicht noch ein wenig besser machen könne. Man selbst jedenfalls lege von Tag 1 an größten Wert auf das Feedback des Publikums.
In Sachen Preispolitk agiert man in Monheim klassisch. Ein Abomodell will man für die Zukunft zwar nicht kategorisch ausschließen, aber zumindest zum jetzigen Zeitpunkt sieht man darin keinen Gewinn. „Abgesehen davon, dass natürlich stets die Befürchtung im Raum steht, mit einem solchen Angebot primär die Heavy-User zu adressieren und sich am Ende selbst zu kannibalisieren, wollen wir insgesamt Wertigkeit vermitteln, auch über den Preis“, so Julian Rüttgers. Wobei es stets gelte, das richtige Verhältnis zu wahren und gerade auch für Familien (hier geht es bei sieben Euro los) attraktive Angebote zu schnüren.
Großes Gewicht soll im Emotion Veranstaltungen und Saalvermietungen zukommen. „Gerade Kindergeburtstag werden im Weltspiegel Mettmann mehr und mehr nachgefragt, es gibt kaum noch ein Wochenende, an dem wir dort nicht mindestens zwei solche Vermietungen haben“, erläutert Julian Rüttgers, der auch noch auf einen anderen wichtigen Punkt verweist, den die Stadt schon bei den Planungen für den Gesamtkomplex berücksichtigt habe. Ein Anfang kommenden Jahres eröffnendes Hotel werde über keine Konferenzräume verfügen – denn dafür solle es ins Kino gehen.
Was den Kinomachern besonders wichtig ist: persönlicher Charakter. Den werde man nicht nur über die individuellen Säle schaffen, sondern es solle auch „viel persönliche Ansprache“ durch die Mitarbeitenden geben. „Wir wollen, dass unsere Gäste das Kino auch mit Gesichtern verbinden – und wir sind froh, so viele tolle Leute gefunden zu haben, die das Emotion mit Leben füllen werden“, so Julian Rüttgers.
Was es sonst noch über das Kino zu sagen gibt? Da wäre natürlich die Lage inmitten der Innenstadt und am Rande der Fußgängerzone als Teil des völlig neuen Einkaufszentrums Monheimer Tor und die damit einhergehend gute Verkehrsanbindung. Der Busbahnhof liegt direkt nebenan, im angrenzenden Parkhaus stehen Kinobesucher drei Stunden lang gratis. Das komplett ebenerdige Kino, in dem jeweils drei Säle links und rechts des Foyers angeordnet sind, ist komplett barrierefrei gestaltet. Dass Nachhaltigkeit bei Planung, Bau und Betrieb mitgedacht wurde, versteht sich in einer Stadt, die sich selbst das Ziel gesetzt hat, bis 2035 klimaneutral zu sein, von selbst. Unter anderem arbeitet man komplett mit Wärmepumpen, fährt ein konsequentes Mehrwegkonzept und macht sich nicht zuletzt Gedanken über zusätzliche Müllvermeidung bzw. -recycling.
Den Auftakt jedenfalls hätte man sich kaum schöner wünschen können. Der Vorverkaufsauftakt rund eine Woche vor Eröffnung sei „schlicht fantastisch“ verlaufen, am Ende startete man direkt in ein Wochenende, mit dem der Kinomarkt vor allem dank „Die Schule der magischen Tiere 3“, „Joker: Folie à Deux“ und „Der wilde Roboter“ mal wieder ein echtes Ausrufezeichen setzen konnte. Beste Voraussetzungen also, um am 10. Oktober dann auch mit der Branche auf diese Neueröffnung anzustoßen. Denn Ausrufezeichen will man im Emotion künftig gerne regelmäßig setzen.