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REVIEW FILMFEST HAMBURG: „Heavier Trip – Road to Wacken”

Respektlose Anarchokomödie über eine amateurhafte finnische Metalband, die Gefahr läuft, ihre Seele an einen teuflischen Musikmanager zu verkaufen. 

CREDITS: 
Originaltitel: Hevimpi Reissu; Land / Jahr: Finnland, Deutschland, Bulgarien 2024; Laufzeit: 95 Minuten; Regie & Drehbuch: Jukka Vidgren, Juuso Laatio; Besetzung: Johannes Holopainen, Samuli Jaskio, Chike Ohanwe, Max Ovaska, Anatole Taubman, Helén Vikstvedt; Verleih / Anbieter: Lighthouse Entertainment

REVIEW:
Sechs Jahre sind vergangen, seitdem wir miterleben durften, wie die Freunde Turo, Lotvonen, Pasi und Jynkky aus dem weltberühmten finnischen Dorf Taivalkoski sich den Traum erfüllen konnten, mit ihrer Metalband Impaled Rektum bei einem bedeutenden Metalfestival in Norwegen aufzutreten, auf dem Weg aber Jynkky an den Grimmigen Sensenmann verloren und fast einen Krieg zwischen Finnland und Norwegen auslösten. Weshalb man sich als Zuschauer von ihnen hinter schwedischen Gardinen verabschieden musste, nunmehr mit einem Patienten aus der psychiatrischen Klinik, in der Turo arbeitet, als neuen Schlagzeuger. „Heavy Trip“ hieß der finnische Film der beiden Regiedebütanten Juuso Laatio und Jukka Vidgren damals und fand als nordische „Spinal Tap“-Variante sogleich Anklang speziell bei der nicht gerade kleinen Metalgemeinde. 

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„Heavier Trip“ von Juuso Laatio und Jukka Vidgren (Credit: Filmfest Hamburg)

Nun geht’s weiter mit einem Film, der ein bisschen windschnittiger geraten ist als das anarchische Original, also über höhere Production Values bei einem offenkundig höheren Budget verfügt, aber auch etwas von dem handgemachten und unschuldigen Charme einbüßt, weshalb man seinerzeit so gerne dabei war beim „Heavy Trip“. Unverändert stehen die sympathischen Überzeugungstäter von Impaled Rektum im Zentrum der Handlung, die zwar im Gefängnis wohl Zeit gehabt hätten, an ihrer Professionalität zu feilen, aber immer noch die gleichen chaotischen Metalheads sind wie einst: Große Begeisterung bei den anderen Insassen lösen sie mit ihren sporadischen Auftritten nicht aus. Nach eigenem Bekunden spielen sie Symphonic-Post-Apocalyptic-Reindeer-Grinding-Christ-Abusing-Extreme- War-Pagan-Fennoscandian-Metal und klingen auch so. Nun tritt der diabolische Musikmanager in ihr Leben, der nicht von ungefähr M.E. Fisto heißt und mit lässigem Understatement von Anatole Taubman gespielt wird als Inbegriff all dessen, was an der Musikindustrie nicht stimmt. 

Anfänglich lehnen Impaled Rektum sein Angebot noch ab, für 50.000 Euro in Wacken aufzutreten, dem alljährlichen Mekka der weltweiten Metal-Community in der Mitte von Nirgendwo in Schleswig-Holstein. Als sie jedoch ein Notfall in finanzielle Nöte bringt, brechen sie aus dem Gefängnis und beginnen ihren waghalsigen Trip nach Deutschland – und drohen dabei, ohne dass sie es zunächst ahnen, ihre Seele an den diabolischen Musikmanager zu verkaufen, der immer mehr Bedingungen stellt und ihre Musik immer mehr zu verwässern versucht – auf gut deutsch: sie kommerzieller zu machen. Unterwegs gibt es schräge Abenteuer, schräge Figuren, ein Cameo von Baby Metal und ein Nicht-Cameo von Megadeth-Frontmann Dave Mustaine (es ist kompliziert…), ein paar wenige Anmutungen aus Wacken und zumindest ein verschmitztes Textzitat aus „Angel of Death“ von Slayer, aber auch die Erkenntnis, dass dem Film bisweilen dasselbe zu passieren droht wie Impaled Rektum: Von künstlerischem Ausverkauf zu sprechen, wäre vielleicht etwas viel des Guten. Aber bisweilen würde man sich etwas mehr Biss wünschen, etwas mehr Anarchie und Bad Taste. Der „Heavier Trip“ fühlt sich etwas, naja, leicht an. Die Fangemeinde wird’s diesmal verzeihen: Aber sollte es einen „Heaviest Trip“ geben, dann sei den Machern Juuso Laatio und Jukka Vidgren angeraten, den Anfängen zu wehren und etwas mehr balls to the wall zu sein.

Thomas Schultze